Margarete Gossmann

Verlegeort
Hufelandstraße 37
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
07. Juni 2013
Geboren
22. April 1885 in Berlin
Deportation
am 03. September 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
11. Januar 1943 in Theresienstadt

Margarete Gossmann wurde am 22. April 1885 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des aus Krotoschin (dem heutigen Krotoszyn) stammenden Schneidermeisters Julius Gossmann und der Ernestine Gossmann, geb. Zucker. Margarete war das jüngste von fünf Kindern des Ehepaares. Ihre Brüder Hugo und James waren 1867 und 1871 zur Welt gekommen, ihre Schwester Elisabeth 1874 und ihr Bruder Arthur im Jahr 1876 in Berlin. Zum Zeitpunkt der Geburt von Margarete wohnte die Familie in einer Wohnung in der zweiten Etage der Greifswalder Straße 8b im Prenzlauer Berg. Julius Gossmann betrieb eine Schneiderei und ein Geschäft für Herrengarderobe in der Königstraße 27 (der heutigen Rathausstraße) in Mitte, die zu den ältesten Geschäftsstraßen Alt-Berlins zählt. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zog die Familie in die Breitestraße in Mitte. Über die Kindheit und Jugend von Margarete Gossmann und ihrer Geschwister im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt.<br />
<br />
Nach Schulabschluss und kaufmännischer Ausbildung arbeitete Margarete Gossmann als Buchhalterin in Berlin. Ihr Bruder Arthur hatte das Metier des Vaters erlernt und eröffnete um die Jahrhundertwende ein eigenes Herrenmodegeschäft in der Neuen Grünstraße 28 am Spittelmarkt. Später firmierte das Geschäft als „Gossmann & Busse“ in der Lindenstraße und ab 1912 in der Zimmerstraße 49. Margaretes ältester Bruder, Hugo Gossmann, hatte nach seinem Abitur Medizin an der Friedrich-Wilhelms-Universität (der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin) studiert. Er erhielt 1892 seine Approbation und führte ab 1894 eine Praxis in der Bernauerstraße 45/46 und ab 1898 in der Swinemünderstraße 116. 1905 verstarb Margaretes Mutter Ernestine im Alter von 63 Jahren und ihr Vater Julius zog in die Neue Königstraße 88 (die heutige Otto-Braun-Straße). Ab 1913 lebte er mit seinen beiden Töchtern, die ihn vermutlich versorgten, in einer Wohnung in der zweiten Etage der Hufelandstraße 32 im Bötzowviertel des Prenzlauer Bergs. Im Dezember 1916 – in der Hungerzeit des sogenannten Steckrübenwinters 1916/1917 – verstarb auch Margaretes Vater. Die Schwestern Margarete und Elisabeth bewohnten in den folgenden Jahren die väterliche Wohnung in der Hufelandstraße 32. Sie blieben beide unverheiratet und kinderlos.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Gossmann. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits im Juni 1933 wurde Margaretes Bruder Hugo die kassenärztliche Zulassung entzogen und er wurde aus seiner Stellung als Wohlfahrtsarzt des städtischen Gesundheitswesens Berlin entlassen. Hugo emigrierte im März 1936 mit seiner Ehefrau Betty, geborene Neißer, in die USA, konnte im Exil aber seine ärztliche Tätigkeit nicht wiederaufnehmen. Die in Deutschland verbliebenen Schwestern Margarete und Elisabeth erlebten die Ausschreitungen und Pogrome der 1930er-Jahre in Berlin. Zuletzt mussten sie in Berlin Zwangsarbeit leisten und konnten sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
<br />
Der vollständigen Entrechtung folgte die Deportation: Im August 1942 hatten die beiden Schwestern den Deportationsbescheid zugestellt bekommen und wurden Ende des Monats von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei in eines der Berliner Sammellager verbracht. Am 3. September 1942 wurden die 56-jährige Margarete und ihre 68-jährige Schwester Elisabeth mit dem „56. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Elisabeth überlebte die Strapazen des Transports nicht. Sie starb im Ghetto am 7. September 1942. Margarete überstand die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt etwas mehr als vier Monate. Der in Theresienstadt ausgefüllte Totenschein gibt den 11. Januar 1943 als Todestag an. Kaum verlässlich ist die notierte Todesursache „Lungenentzündung“, da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesursachen direkter und indirekter Gewalteinwirkung mit kaschierenden Sammelbegriffen verschleierten.<br />
<br />
Ihr Bruder Hugo Gossmann war 1942 im Exil in den USA verstorben. Das Schicksal ihrer Geschwister Arthur und James Gossmann ist ungeklärt.

Margarete Gossmann wurde am 22. April 1885 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des aus Krotoschin (dem heutigen Krotoszyn) stammenden Schneidermeisters Julius Gossmann und der Ernestine Gossmann, geb. Zucker. Margarete war das jüngste von fünf Kindern des Ehepaares. Ihre Brüder Hugo und James waren 1867 und 1871 zur Welt gekommen, ihre Schwester Elisabeth 1874 und ihr Bruder Arthur im Jahr 1876 in Berlin. Zum Zeitpunkt der Geburt von Margarete wohnte die Familie in einer Wohnung in der zweiten Etage der Greifswalder Straße 8b im Prenzlauer Berg. Julius Gossmann betrieb eine Schneiderei und ein Geschäft für Herrengarderobe in der Königstraße 27 (der heutigen Rathausstraße) in Mitte, die zu den ältesten Geschäftsstraßen Alt-Berlins zählt. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zog die Familie in die Breitestraße in Mitte. Über die Kindheit und Jugend von Margarete Gossmann und ihrer Geschwister im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt.

Nach Schulabschluss und kaufmännischer Ausbildung arbeitete Margarete Gossmann als Buchhalterin in Berlin. Ihr Bruder Arthur hatte das Metier des Vaters erlernt und eröffnete um die Jahrhundertwende ein eigenes Herrenmodegeschäft in der Neuen Grünstraße 28 am Spittelmarkt. Später firmierte das Geschäft als „Gossmann & Busse“ in der Lindenstraße und ab 1912 in der Zimmerstraße 49. Margaretes ältester Bruder, Hugo Gossmann, hatte nach seinem Abitur Medizin an der Friedrich-Wilhelms-Universität (der heutigen Humboldt-Universität zu Berlin) studiert. Er erhielt 1892 seine Approbation und führte ab 1894 eine Praxis in der Bernauerstraße 45/46 und ab 1898 in der Swinemünderstraße 116. 1905 verstarb Margaretes Mutter Ernestine im Alter von 63 Jahren und ihr Vater Julius zog in die Neue Königstraße 88 (die heutige Otto-Braun-Straße). Ab 1913 lebte er mit seinen beiden Töchtern, die ihn vermutlich versorgten, in einer Wohnung in der zweiten Etage der Hufelandstraße 32 im Bötzowviertel des Prenzlauer Bergs. Im Dezember 1916 – in der Hungerzeit des sogenannten Steckrübenwinters 1916/1917 – verstarb auch Margaretes Vater. Die Schwestern Margarete und Elisabeth bewohnten in den folgenden Jahren die väterliche Wohnung in der Hufelandstraße 32. Sie blieben beide unverheiratet und kinderlos.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Gossmann. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits im Juni 1933 wurde Margaretes Bruder Hugo die kassenärztliche Zulassung entzogen und er wurde aus seiner Stellung als Wohlfahrtsarzt des städtischen Gesundheitswesens Berlin entlassen. Hugo emigrierte im März 1936 mit seiner Ehefrau Betty, geborene Neißer, in die USA, konnte im Exil aber seine ärztliche Tätigkeit nicht wiederaufnehmen. Die in Deutschland verbliebenen Schwestern Margarete und Elisabeth erlebten die Ausschreitungen und Pogrome der 1930er-Jahre in Berlin. Zuletzt mussten sie in Berlin Zwangsarbeit leisten und konnten sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der vollständigen Entrechtung folgte die Deportation: Im August 1942 hatten die beiden Schwestern den Deportationsbescheid zugestellt bekommen und wurden Ende des Monats von Polizisten der Stapoleitstelle und der Kriminalpolizei in eines der Berliner Sammellager verbracht. Am 3. September 1942 wurden die 56-jährige Margarete und ihre 68-jährige Schwester Elisabeth mit dem „56. Alterstransport“ ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Elisabeth überlebte die Strapazen des Transports nicht. Sie starb im Ghetto am 7. September 1942. Margarete überstand die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt etwas mehr als vier Monate. Der in Theresienstadt ausgefüllte Totenschein gibt den 11. Januar 1943 als Todestag an. Kaum verlässlich ist die notierte Todesursache „Lungenentzündung“, da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesursachen direkter und indirekter Gewalteinwirkung mit kaschierenden Sammelbegriffen verschleierten.

Ihr Bruder Hugo Gossmann war 1942 im Exil in den USA verstorben. Das Schicksal ihrer Geschwister Arthur und James Gossmann ist ungeklärt.