Arnold Oberndörffer

Verlegeort
Württembergallee 8
Bezirk/Ortsteil
Westend
Verlegedatum
08. November 2021
Geboren
07. August 1914 in Berlin
Flucht
1933 Holland
Tot
16. Februar 1937 in Oborniki Śląskie / Obernigk

Arnold Julius Oberndörffer  wurde am 7. August 1914 in Berlin geboren. Seine Eltern waren Toni Oberndörffer (später Salomon), geb. Stadthagen, (1887-1942) und der Neurologe Dr. Ernst Oberndörffer (1876-1916). Arnold Oberndörffers Mutter hatte bis zu ihrer Hochzeit als Kindergartenhelferin gearbeitet. Ernst Oberndörffer, der aus München stammte, hatte an der Ludwig-Maximilian-Universität in München Medizin studiert. Nach dem Erwerb des Doktortitels arbeitete er als Assistenzarzt am Krankenhaus von Moabit in Berlin, bevor er sich als Neurologe niederließ. Er war auch Redaktionsmitglied der deutschen Medizinischen Wochenschrift und gab Roths „Klinische Terminologie“ heraus.

Beim Ausbruch des 1. Weltkrieges, zwei Tage bevor Arnold Oberndörffer geboren wurde, meldete sich sein Vater, Sanitätsoffizier der Landwehr, zum Dienst an der Westfront bei der 2. Sanitätskompanie des III. Bayrischen Armeekorps, die der 6. Bayrischen Infanteriedivision angeschlossen war. Während der Grenzkämpfe in Lothringen und St. Mihiel Salient 1914/15 diente er bei den Hauptverbandplätzen; er erhielt dafür des Eiserne Kreuz II. Klasse und einen bayrischen Militärverdienstorden. 1915 wechselte Ernst Oberndörffer zur Osmanischen Armee und wurde zum Arzt beim Stab von Feldmarschall v.d. Goltz, des deutschen Befehlshabers der 6. Osmanischen Armee in Mesopotamien, ernannt. Ernst Oberndörffer reorganisierte das Abdul Achad Lazarett in Bagdad nach deutschen Richtlinien, wofür er den „Eisernen Halbmond“ erhielt und zum Sanitätsmajor befördert wurde. Im Februar 1916 erkrankte Ernst Oberndörffer bei der Untersuchung eines verwundeten Soldaten an Typhus und starb durch diese Krankheit zwei Wochen später am 10. März. Ernst Oberndörffer wurde nach einer Trauerfeier bei Fackellicht, an der der deutsche und der osmanische Führungsstab, Würdenträger und die jüdische Gemeinde teilgenommen hatten, auf dem Jüdischen Friedhof von Bagdad beerdigt.

Nach dem Tod des Vaters zogen das Kind Arnold und seine Mutter Toni Oberndörffer aus ihrer Wohnung in der Uhlandstraße 43 in Wilmersdorf aus und zogen in eine Erdgeschoss-Wohnung in der Hölderlinstraße 10 in Charlottenburg-Westend ein. Arnolds Großmutter, Agnes Stadthagen, geb. Jacobi, (1864-1938) zog in dasselbe Haus ein und wohnte im ersten Stock über ihnen.

Beide Onkel von Arnold Oberndörffer dienten im 1. Weltkrieg. Der jüngere Bruder seines Vaters Leo Oberndörffer (1882-1916) wurde in der Schlacht an der Somme getötet. Er hatte in einer Batterie der Fußartillerie gedient und das Eiserne Kreuz II. Klasse erhalten. Der jüngere Bruder seiner Mutter Paul Stadthagen (1893-1943) diente als Pilot in Kampfstaffel 2 (Kasta 2) und erhielt das Eiserne Kreuz I. Klasse.  

Arnolds Mutter Toni Oberndörffer heiratete am 10. Juli 1919 ihren zweiten Ehemann, den Internisten Dr. Julian Nathanblut (1877-1942), doch die Ehe wurde im folgenden Jahr wieder geschieden. Am 18. April 1922 heiratete Arnolds Mutter ihren dritten Ehemann, den Justizrat Dr. Philipp Salomon (1867-1942) und der neue Stiefvater zog in die Wohnung der Familie in der Hölderlinstraße ein. Arnold Oberndörffers Schwester Eva-Marie Salomon (1924- 1942) wurde am 18. September 1924 geboren. Arnold Oberndörffer war der Älteste in der Großfamilie von Cousinen und Cousins, die alle in der Nähe wohnten; seine Tante Lilli Rehfisch, geb. Stadthagen, (1891-1941) und sein Onkel Paul Stadthagen zogen ihre jeweiligen Familien auch im Westend auf. Seine Cousine Beate Rehfisch (1921-2015) erinnerte sich an Arnold Oberndörffer als einen ruhigen, sanften Jungen, der seine jüngere Schwester, Cousins und Cousinen beschützte .

Arnold Oberndörffer strebte danach, seinem Vater in der Medizin zu folgen, doch in Deutschland konnte er keinen Studienplatz erlangen, was dem festgelegten Prozentsatz für die Anzahl von Studenten jüdischer Herkunft nach der Machtübertragung an Hitler geschuldet war. Daher entschloss er sich im Alter von 19 Jahren, in die Niederlande zu emigrieren. Nachdem er sich für eine kurze Zeit in Amsterdam aufgehalten hatte, arbeitete er dann 1935 als Gärtner in Den Haag und später in einem Ferienlager in Apeldoorn.

Er erkrankte jedoch schwer und kehrte 1936 nach Deutschland zurück. Um wieder gesund zu werden, hielt er sich in einem Sanatorium in dem Kurort Obernigk (Oberniki Slaskie), Trebnitz (Trzebnica), in Niederschlesien auf und lernte Englisch bei einem Privatlehrer, wahrscheinlich in der Absicht, nach Großbritannien zu emigrieren.

Arnold Oberndörffers Gesundheitszustand verschlechterte sich und er starb am 16. Februar 1937. Arnolds Mutter Toni Salomon brachte seinen Leichnam von Trebnitz zurück nach Berlin und Arnold Oberndörffer ist auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in der Nähe des Grabes seiner Großeltern Agnes und Julius Stadthagen (1855-1912) beerdigt.

Arnold Oberndörffers Stiefvater Philipp Salomon starb am 27. April 1941 zu Hause an einem Herzversagen und seine Asche wurde auf dem Friedhof Weißensee beigesetzt. Arnold Oberndörffers Tante Lilli Rehfisch wurde am 29. November 1941 von Nürnberg aus in das Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga (Lettland) deportiert, wo sie ermordet wurde. Arnolds Mutter Toni Salomon und seine Schwester Eva-Marie wurden am 11. Juli 1942 in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie ermordet wurden. Arnolds früherer Stiefvater Dr. Julian Nathanblut wurde am 28. August 1942 aus dem Internierungs- und Durchgangslager Drancy in Frankreich in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er ermordet wurde. Arnolds Onkel Paul Stadthagen wurde am 23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er ermordet wurde.

 

 

 

© Robert Duncan