Cäcilie Simon geb. Leppmann

Verlegeort
Siegmunds Hof 13
Bezirk/Ortsteil
Hansaviertel
Verlegedatum
30. Mai 2024
Geboren
24. Dezember 1875 in Berlin
Flucht
1940 Italien
Ermordet

Cäcilie Simon wurde am 24. Dezember 1875 als Tochter des Kaufmanns Josef Leppmann und seiner Ehefrau Elisa (geb. Engel) in Berlin geboren. Am 3. März 1898 heiratete sie den Kaufmann Ephraim Gotthold Simon. Das Paar hatte drei Söhne: Ernst Robert (*15.03.1899), Friedrich Max, später Fritz Michael (*19.09.1901) und Hans Rudolf (*24.07.1908). Zunächst in der Tauentzienstraße 12B (Berlin-Charlottenburg) wohnhaft, zogen Ephraim und Cäcilie 1933 mit ihrem jüngsten Sohn Hans nach Berlin-Tiergarten in den Siegmunds Hof 13. 

Sowohl Ernst Robert als auch Fritz Michael Simon emigrierten bereits in den 1920er-Jahren nach Palästina. 1934 floh auch der jüngste Sohn Hans nach Frankreich. Im Jahr 1936 besuchte Cäcilie ihre Söhne in Palästina, kehrte jedoch entgegen deren Bitten nach Berlin zurück. Nach dem Tod ihres Ehemannes am 21. November 1938, litt Cäcilie zunehmend unter den antisemitischen Repressionen des NS-Regimes. Ihr Vermögen wurde ihr im Zuge anti-jüdischer Gesetze (z.B. „Goldzoll“, „Judenabgabe“, „Auswanderabgabe“ und „Reichsfluchtsteuer“) sukzessive entzogen. 1939 wurde sie in Folge des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden“ aus ihrer Wohnung im Siegmundshof 13 (Berlin-Tiergarten) vertrieben und musste in das „Zwangshaus“ Augsburger Straße 62 (heute Fuggerstr. 31) in Berlin-Schöneberg ziehen. Große Teile des Inventars ihrer 9-Zimmer-Wohnung musste sie zu viel zu geringen Preisen ‚verkaufen‘, für die ‚Lagerung‘ weiterer Möbel musste sie selbst aufkommen. Dazu schreibt Cäcilie am 4. April 1939 in einem Brief: „Die letzten Tage waren das Grauenvollste, was ich erlebt habe… allein mit 10-12 Männern, die mit keinem Trinkgeld zufrieden waren, mich ausgeschröpft haben, die Spesen waren viel grösser als der Transport aufs Lager“. 

Wie ihr Sohn Fritz Michael später schilderte, war Cäcilie „stark antizionistisch eingestellt […] und wäre unter normalen Verhältnissen nie auf die Idee gekommen, Deutschland zu verlassen und nach Palästina auszuwandern, wenn sie nicht die seit November 1938 besonders stark einsetzenden Judenverfolgungen dazu gezwungen hätten“. Nachdem ihre Söhne ihr also eine Einwanderungserlaubnis für Palästina besorgt hatten, machte sich Cäcilie „Hals über Kopf fertig“ und floh im März 1940 nach Triest (Italien). Sie beauftragte einen Berliner Spediteur mit einer Nachsendung ihres Hab und Guts, der sie jedoch bestahl und die Nachsendung nicht durchführte. Mit der Firma Mannesmann, an die die „Hahnschen Werke“ – die ehemalige Firma ihres Ehemannes – im Zuge der ‚Arisierung‘ ging, vereinbarte sie die Kapitalisierung ihrer Witwenpension. Auch diese Summe von knapp 36.000.- RM hat Cäcilie nie erhalten. So lebte sie in Triest „ganz kümmerlich“ von einer kleinen Unterstützung der jüdischen Gemeinde, von Zuwendungen auswärtiger Freunde, vom Stundengeben in Englisch sowie vom Stricken. 
Die Dampferfahrt von Triest nach Palästina war schon bezahlt; ihre Einwanderungserlaubnis wurde jedoch für ungültig erklärt und ihre Flucht schließlich verhindert. In Triest verliert sich die Spur von Cäcilie Simon, ihr letztes Lebenszeichen stammt aus einem Brief vom 24. Dezember 1943. Vielleicht wurde sie noch in Triest von den Nazis ermordet oder im Juni 1944 deportiert.

Ihre Söhne überlebten den Nationalsozialismus: Ernst Simon wurde in Israel ein bekannter Religionsphilosoph, Pädagoge und Historiker und war etwa neben Hannah Arendt und Martin Buber an der Gründung des Leo Baeck Instituts beteiligt. Fritz Michael Simon war als israelischer Botschafter u.a. in Peru, Bolivien und Österreich tätig. Hans Simon wurde nach dem Krieg Chemiker und lebte ab Ende der 1950er-Jahre in den USA.
Erst im Zuge der Rückerstattungsansprüche ihrer Söhne gegen das Deutsche Reich wurde Cäcilie Simon am 27. November 1952 durch einen Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg für tot erklärt.