Else Landsberg

Verlegeort
Heilbronner Straße 22
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
06. Juli 2019
Geboren
06. September 1881 in Bessungen bei Darmstadt
Beruf
Sekretärin, Sozialarbeiterin
Flucht in den Tod
23. Januar 1942 in Berlin

Else Landsberg wurde am 6. September 1881 in Darmstadt geboren; ihre Schwester Therese am 23. Oktober 1883, ebenfalls in Darmstadt. Dies geht aus der existierenden Geburtsurkunde hervor

Ihr Vater Theodor Landsberg, der aus einer Hildesheimer Rabbinerfamilie stammte, war ein bekannter Bauingenieur und Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt. Ihre Mutter Betty, geb. Neumann, war eine Cousine des AEG-Gründers Emil Rathenau.

Max Leonidas Landsberg, der ältere Bruder der Schwestern, war in den 20er Jahren ein bekannter Architekt in Berlin. Er starb 1930.

Else und Therese Landsberg blieben unverheiratet und wohnten nach dem Tod der Eltern zusammen in der Heilbronner Str. 22 in Schöneberg

Isoliert, entrechtet und als Jüdinnen verfolgt, nahmen sie sich am 23. Januar 1942 gemeinsam in ihrer Wohnung mit Veronal, einem starken Schlafmittel, das Leben, um der drohenden Deportation in ein Konzentrations- und Vernichtungslager zu entgehen. Dies geht aus Polizeiunterlagen vom 29. Januar 1942 hervor

Leider sind keine weiteren Nachrichten und Dokumente bekannt, die Aufschluss über ihr Leben geben könnten.

Ihre Urnen wurden im Familiengrab der Familie Landsberg auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt.

Else (Elisabeth) Landsberg wurde am 6. September 1881 in Bessungen, Krs. Darmstadt geboren, ihre Schwester Therese am 23. Oktober 1883 in Darmstadt. 

Ihr Vater Theodor Landsberg, der aus einer Hildesheimer Rabbinerfamilie stammte, war ein bekannter Bauingenieur und Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt. Nach seiner Pensionierung 1908 zog die Familie nach Berlin. Die Mutter Betty, geb. Neumann, war eine Cousine des AEG-Gründers Emil Rathenau und eine Schwester von Dr. Hugo Neumann, Gründer des karitativ ausgerichteten „Kinderhauses“ in der Blumenstraße 78.

Max Leonidas Landsberg, ein älterer Bruder von Else und Therese Landsberg, war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein bekannter Architekt in Berlin. Er starb 1930. 

Else und Therese Landsberg blieben unverheiratet und kinderlos. 

1925 war Else Landsberg erstmals als Hauptmieterin in der Klopstockstraße 46 in Berlin gemeldet, als Beruf wurde Sekretärin notiert. Später qualifizierte sie sich zur Sozialarbeiterin, war mit diesem Beruf ab 1928 im Berliner Adressbuch verzeichnet. Sie hielt vielfältige Kontakte in der Familie und kümmerte sich um soziale Belange ihrer Mitmenschen. Else Landsberg war Anhängerin der Pan-Europa-Bewegung. 

Zeitlebens wohnte Else mit ihrer jüngeren Schwester Therese zusammen, nach dem Tod der Mutter 1938 zogen beide in die Heilbronnerstraße 22 in Schöneberg. Keine der beiden Schwestern war hier als Hauptmieterin gemeldet. 

Aus der Heilbronner Straße 22 wurden 72 jüdische Menschen deportiert, im Berliner Adressbuch von 1940 tragen acht Hauptmieter den Zusatz „Sara“ oder „Israel“. Else Landsberg beantragte diesen zugewiesenen Vornamen bereits Ende 1938 und trug ihn offiziell seit dem 1. Januar 1939. 

Nach dem Tod der Mutter und als es in Berlin äußerst gefährlich für Juden wurde, bemühte sich Else intensiver um ein Ausreisevisum. An ihren Neffen Rolf schrieb sie 1938: „Für uns ist die Welt jetzt leider verschlossen“.  Sie nahm Kontakt zu Verwandten in den USA auf sowie zum Refugee Service, dem sie kleine Beiträge zugesandt hatte. Aber für sie und ihre Schwester Therese gab es keine Chance mehr zu fliehen. Im Herbst 1941 stellte sich heraus, dass die Einreisegenehmigungen für Else Landsberg und ihre Schwester auf den langen Wegen zwischen Deutschland und Amerika verloren gegangen waren. Als die Duplikate aus den USA in Berlin eintrafen, war es für einen Ausreiseantrag und die Erledigung aller notwendigen Formalitäten zu spät. Zudem war die Aufnahmebereitschaft für jüdische Emigranten weltweit erloschen, letzte Schlupflöcher für ein Entkommen hatten sich geschlossen. 

Noch im Oktober 1941 schrieb Else an ihre Nichte in Bern, dass nur Cuba als Emigrationsziel bliebe. Und sie erklärte ihrer Cousine in den USA, dass sie für eine Emigration ein Darlehen bräuchte (kein Geschenk!!). Wiederholt bat sie den Refugee Service um Unterstützung. Doch zugleich zweifelte sie: „wenn nur nicht alles zu spät kommt“. Und sie fühlte sich mit ihren 60 Jahren zu alt, „den Strapazen und Entbehrungen nicht mehr gewachsen“. 

Alle Emigrations-Bemühungen von Else und Therese Landsberg scheiterten. Als sie von ihrer drohenden Deportation erfuhren, nahmen sich die Schwestern mit Veronal, einem starken Schlafmittel, das Leben. Das geht aus Polizeiunterlagen vom 29. Januar 1942 hervor. Hermann Samter, ein ebenfalls in Berlin verbliebener Verwandter der Landsbergs, schrieb in einem Brief vom 13.2.42: 

wie es allerdings möglich war, dass so viele Leute sich Veronal verschaffen konnten, ist mir noch immer rätselhaft. Auch 2 Cousinen von Tante Nelly (sic!) haben sich auf diese Weise vor dem Abtransport das Leben genommen. Die eine stand immer mit beiden Beinen auf dem Boden, so dass ich dies eigentlich nicht vermutet hätte. Jahrelang hatten sie sich um die Auswanderung bemüht, endlich klappte es – da begann der Krieg mit USA. Die Leute sind eben vollständig fertig. (Samter 2009, S. 82)

In Schöneberg wurde am 6. Juli 2019 ein Stolperstein vor der Heilbronnerstraße 22 für Else Landsberg verlegt. Ihre Urne wurde im Familiengrab der Familie Landsberg auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt.