Rebekka Camnitzer geb. Neumann

Verlegeort
Flotowstr. 9
Bezirk/Ortsteil
Hansaviertel
Verlegedatum
Oktober 2011
Geboren
05. Mai 1856 in Suchau (Westpreußen) / Sucha
Beruf
Gastwirtin
Deportation
am 14. September 1942 nach Theresienstadt
Tot
29. Oktober 1942 im Ghetto Theresienstadt

Rebekka Neumann wurde am 5. Mai 1856 in Suchau (polnisch: Sucha) im Landkreis Schwetz in der damaligen Provinz Preußen geboren. Ihre Eltern Johanna (geb. Willich) und Louis Neumann waren beide jüdisch. Rebekka, die in ihrer Familie Berta genannt wurde, heiratete mit 27 Jahren Jacob Camnitzer, der aus dem Nachbarort Königlich Salesche (Zalesie Królewskie) stammte. Die Ehe wurde im Februar 1884 in Grünfelde geschlossen. Im Dezember desselben Jahres brachte Rebekka Camnitzer ihren ältesten Sohn Harry zur Welt. In den nächsten zehn Jahren folgten sechs weitere Söhne – Leo, Ernst, Alfred, Max, Walter und Richard –, bevor schließlich im Dezember 1898 die einzige Tochter Herta geboren wurde. Alle acht Kinder kamen in Suchau zur Welt.<br />
Ihren Lebensunterhalt verdienten Rebekka und Jacob Camnitzer mit Pferdehandel und dem Betrieb einer Gaststätte. Wann sie nach Berlin gingen, ist nicht bekannt. Einen Anhaltspunkt bieten die historischen Adressbücher Berlins, die ab 1908 den Fuhrunternehmer Jakob Camnitzer in der Kleinen Frankfurter Straße 11 verzeichnen. (Die Straße lag ungefähr dort, wo sich heute die Berolinastraße befindet.) Dies war auch die Adresse des ältesten Sohns Harry, der 1927 an den Spätfolgen einer Kriegsverletzung starb. Alle Söhne von Rebekka Camnitzer sind im Ersten Weltkrieg Soldaten gewesen. Max und Walter starben an der Front. Max wurde 23, Walter 21 Jahre alt.<br />
Die Söhne Ernst und Alfred lebten in den 1920er-Jahren in Duisburg bzw. Wiesbaden. Der zweitälteste Sohn Leo betrieb in Berlin einen Großhandel für Teppiche und Möbelstoffe, der jüngste, Richard, ein Kürschnereigeschäft. Auch die Tochter Herta lebte mit ihrem Mann Leopold Weichmann in Berlin. In den Jahren 1916 und 1924 wurden Rebekka Camnitzers Enkel Ursula und Peter, die Kinder von Leo, in Berlin geboren. <br />
Im August 1933 starb Rebekka Camnitzers Mann Jacob im Alter von 74 Jahren. <br />
In der Flotowstraße 9 bewohnte Rebekka Camnitzer eine 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss. Als sie aufgrund ihres hohen Alters immer gebrechlicher wurde und sich nicht mehr allein versorgen konnte, zogen ihre Tochter Herta und ihr Schwiegersohn Leopold bei ihr ein.<br />
Im Frühjahr 1939 musste Rebekka Camnitzer ihre Wertsachen aufgrund der verhängten Ablieferungspflicht für „jüdisches Vermögen“ in der Pfandleihanstalt in der Jägerstraße abgeben. Darunter war auch eine goldene Halskette, an der sie in einem Medaillon ein Porträt ihres verstorbenen Mannes getragen hatte. Anfang 1942 musste sie außerdem den Pelzmantel abliefern, den sie von ihrem Sohn Richard, der Kürschnermeister war, zum 75. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Ihr Sohn Leo, der damals mit seiner Familie in Belgien lebte, schrieb später in seinem Rückerstattungsantrag: „Im Januar 1942 musste meine Mutter den Mantel ohne Entschädigung an das zuständige Polizeiamt abliefern. Meine Mutter hatte mir den Vorgang noch in einem Brief mitgeteilt und ich war sehr traurig, dass die alte Dame, mitten im Winter, den Mantel abgeben musste.“<br />
Im selben Jahr, am 14. September 1942, wurde die inzwischen 86-jährige Rebekka Camnitzer mit dem „2. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Sie starb etwa sechs Wochen nach ihrer Ankunft am 29. Oktober 1942.<br />
Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn wurden im März 1943 ebenfalls nach Theresienstadt verschleppt. Leopold Weichmann starb dort im Oktober 1943, Herta Weichmann wurde im Mai 1944 weiter nach Auschwitz deportiert und ermordet. Auch Rebekka Camnitzers Sohn Alfred wurde mit seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter vom Lager Westerbork in Holland nach Auschwitz deportiert und ermordet. Leo überlebte in Brüssel, wo er sich während der deutschen Besatzung zwei Jahre lang auf einem Dachboden versteckt hielt. Er lebte später mit seiner Familie in Los Angeles. Ernst und Richard überlebten ebenfalls. Sie emigrierten nach Israel und Uruguay.<br />

Rebekka Neumann wurde am 5. Mai 1856 in Suchau (polnisch: Sucha) im Landkreis Schwetz in der damaligen Provinz Preußen geboren. Ihre Eltern Johanna (geb. Willich) und Louis Neumann waren beide jüdisch. Rebekka, die in ihrer Familie Berta genannt wurde, heiratete mit 27 Jahren Jacob Camnitzer, der aus dem Nachbarort Königlich Salesche (Zalesie Królewskie) stammte. Die Ehe wurde im Februar 1884 in Grünfelde geschlossen. Im Dezember desselben Jahres brachte Rebekka Camnitzer ihren ältesten Sohn Harry zur Welt. In den nächsten zehn Jahren folgten sechs weitere Söhne – Leo, Ernst, Alfred, Max, Walter und Richard –, bevor schließlich im Dezember 1898 die einzige Tochter Herta geboren wurde. Alle acht Kinder kamen in Suchau zur Welt.
Ihren Lebensunterhalt verdienten Rebekka und Jacob Camnitzer mit Pferdehandel und dem Betrieb einer Gaststätte. Wann sie nach Berlin gingen, ist nicht bekannt. Einen Anhaltspunkt bieten die historischen Adressbücher Berlins, die ab 1908 den Fuhrunternehmer Jakob Camnitzer in der Kleinen Frankfurter Straße 11 verzeichnen. (Die Straße lag ungefähr dort, wo sich heute die Berolinastraße befindet.) Dies war auch die Adresse des ältesten Sohns Harry, der 1927 an den Spätfolgen einer Kriegsverletzung starb. Alle Söhne von Rebekka Camnitzer sind im Ersten Weltkrieg Soldaten gewesen. Max und Walter starben an der Front. Max wurde 23, Walter 21 Jahre alt.
Die Söhne Ernst und Alfred lebten in den 1920er-Jahren in Duisburg bzw. Wiesbaden. Der zweitälteste Sohn Leo betrieb in Berlin einen Großhandel für Teppiche und Möbelstoffe, der jüngste, Richard, ein Kürschnereigeschäft. Auch die Tochter Herta lebte mit ihrem Mann Leopold Weichmann in Berlin. In den Jahren 1916 und 1924 wurden Rebekka Camnitzers Enkel Ursula und Peter, die Kinder von Leo, in Berlin geboren.
Im August 1933 starb Rebekka Camnitzers Mann Jacob im Alter von 74 Jahren.
In der Flotowstraße 9 bewohnte Rebekka Camnitzer eine 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss. Als sie aufgrund ihres hohen Alters immer gebrechlicher wurde und sich nicht mehr allein versorgen konnte, zogen ihre Tochter Herta und ihr Schwiegersohn Leopold bei ihr ein.
Im Frühjahr 1939 musste Rebekka Camnitzer ihre Wertsachen aufgrund der verhängten Ablieferungspflicht für „jüdisches Vermögen“ in der Pfandleihanstalt in der Jägerstraße abgeben. Darunter war auch eine goldene Halskette, an der sie in einem Medaillon ein Porträt ihres verstorbenen Mannes getragen hatte. Anfang 1942 musste sie außerdem den Pelzmantel abliefern, den sie von ihrem Sohn Richard, der Kürschnermeister war, zum 75. Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Ihr Sohn Leo, der damals mit seiner Familie in Belgien lebte, schrieb später in seinem Rückerstattungsantrag: „Im Januar 1942 musste meine Mutter den Mantel ohne Entschädigung an das zuständige Polizeiamt abliefern. Meine Mutter hatte mir den Vorgang noch in einem Brief mitgeteilt und ich war sehr traurig, dass die alte Dame, mitten im Winter, den Mantel abgeben musste.“
Im selben Jahr, am 14. September 1942, wurde die inzwischen 86-jährige Rebekka Camnitzer mit dem „2. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Sie starb etwa sechs Wochen nach ihrer Ankunft am 29. Oktober 1942.
Ihre Tochter und ihr Schwiegersohn wurden im März 1943 ebenfalls nach Theresienstadt verschleppt. Leopold Weichmann starb dort im Oktober 1943, Herta Weichmann wurde im Mai 1944 weiter nach Auschwitz deportiert und ermordet. Auch Rebekka Camnitzers Sohn Alfred wurde mit seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter vom Lager Westerbork in Holland nach Auschwitz deportiert und ermordet. Leo überlebte in Brüssel, wo er sich während der deutschen Besatzung zwei Jahre lang auf einem Dachboden versteckt hielt. Er lebte später mit seiner Familie in Los Angeles. Ernst und Richard überlebten ebenfalls. Sie emigrierten nach Israel und Uruguay.