Siegfried Redlich

Verlegeort
Senefelderstr. 4
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
27. April 2012
Geboren
01. Juli 1880 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Deportation
am 09. Dezember 1942 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Siegfried Redlich wurde am 1. Juli 1880 in Breslau (dem heutigen Wrocław) geboren. Er war der Sohn des Kürschnermeisters Moritz Redlich und dessen Ehefrau Rosalie, geborene Königsberg. Siegfried wuchs im Kreis von zwei älteren Geschwistern auf: Seine Schwester Johanne war 1874 geboren worden, sein Bruder Paul 1877. Zum Zeitpunkt der Geburt von Siegfried Redlich wohnte die Familie in einer Wohnung im Südwesten des historischen Stadtkerns Breslaus in der Graupenstraße 16 (heute ul. Krupnicza), in der sich auch die alte jüdische Synagoge „Zum weißen Storch“ befand. Über die Kindheit und Jugend von Siegfried und seinen Geschwistern in der Großstadt an der Oder im ausgehenden 19. Jahrhundert haben sich keine Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Breslaus, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Siegfried Redlich etwa 17.500 der 240.000 Einwohner der Stadt zählten.

Vermutlich um die Jahrhundertwende zogen die Geschwister Johanne und Siegfried Redlich nach Berlin. Paul Redlich verblieb in Breslau, wo er als Konfektionär arbeitete, genauso wie die Eltern Moritz und Rosalie Redlich, die vor 1911 in Breslau verstarben. Nach seinem Schulabschluss hatte Siegfried sich in den kaufmännischen Bereich orientiert. Er arbeitete in Berlin zunächst als Handlungsgehilfe, später als Schneider und Konfektionär. Seine Schwester Johanne hatte in der Hauptstadt eine Stelle als Buchhalterin gefunden. Ende der 1900er-Jahre lernte Siegfried die Schneiderin Elfriede Czarlinski kennen, deren Familie aus Preußisch Stargard (Starogard Gdański) stammte und die zwei Jahre älter als er war. Am 6. April 1911 heiratete das Paar in Berlin. Siegfried, der zuvor in einer Wohnung in der Metzerstraße 25 gelebt hatte, zog nach der Hochzeit in die Wohnung seiner Ehefrau in der Senefelderstraße 2, nahe dem Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg. Ein Jahr nach der Hochzeit kam am 27. März 1912 ihre Tochter Ruth zur Welt. Das Ehepaar eröffnete nach der Geburt des Kindes eine Konfektion für Capes und Umhänge, wie sie damals in Berlin in Mode waren, in der Senefelderstraße. Im Ersten Weltkrieg wurde Siegfried Redlich rekrutiert oder er meldete sich freiwillig und wurde als Soldat eingesetzt. Er erlitt eine Verletzung, von der er sich nie gänzlich erholte. In den folgenden Jahren übernahm seine Ehefrau die Führung des Geschäfts und bestritt den Lebensunterhalt, da Siegfried durch die im Krieg erlittenen Leiden in seiner Tätigkeit eingeschränkt war. Am Anfang des Krieges waren die Redlichs aus der Senefelderstraße in eine Wohnung in der Gaudystraße 25 im Gleimviertel des Prenzlauer Berges umgezogen. Hier hatte Elfriede Redlich eine Schneiderwerkstatt eingerichtet und war in den 1920er- und 1930er-Jahren in ihrem gelernten Beruf als Damenschneiderin tätig. Die Tochter der Redlichs erlernte nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin und war als Kindergärtnerin beschäftigt. Siegfrieds Schwester Johanne hatte 1919 den Charlottenburger Kaufmann Isidor Jachmann geheiratet. Aus der Familie von Elfriede lebten noch weitere Verwandte in Berlin. Siegfrieds Schwager Georg Czarlinski war in den 1910er-Jahren in Nürnberg als Kaufmann ansässig, zog aber später ebenfalls in die Hauptstadt, wo er die gebürtige Berlinerin Frieda Bieber heiratete. Ein zweiter Schwager, Siegfried Czarlinski, hatte 1919 die Schneiderin Anna Stock geheiratet und in demselben Jahr für die Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Mit dem Zusammenschluss zu Groß-Berlin wurde er 1920 und bei allen folgenden Wahlen in die Bezirksversammlung Charlottenburg gewählt, erst für die USPD und ab 1922 für die SPD. Siegfrieds Schwägerin Grete Czarlinski hatte 1912 den aus Minden stammenden Kaufmann Max Katz geheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemannes Mitte der 1920er-Jahre verließ sie um 1929/1930 Berlin und zog nach Popelken (dem heutigen Wyssokoje), wo sie in zweiter Ehe den Kaufmann Louis Hoffmann heiratete. 1932 zogen die Redlichs in eine Wohnung in der Danziger Straße 72 und bald darauf in die Senefelderstraße 4. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben des Ehepaares Redlich und ihrer Tochter Ruth im Berlin der Weimarer Republik gegen könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Redlich und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1933 waren die Redlichs auch als Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Mai und November 1938 in Berlin erfuhren. Noch 1933 war ihre Tochter Ruth aus Berlin in das Mandatsgebiet Palästina ausgewandert, hatte dort geheiratet und um 1940/1941 eine Tochter bekommen. Ob das Ehepaar Redlich in den Jahren nach 1933 ebenfalls versucht hatte, Deutschland zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten konkrete Schritte unternommen worden sein, so scheiterten sie letztlich.

Siegfrieds Schwager wurde mit dem SPD-Verbot und der „Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung“ vom Juli 1933 das Mandat als Stadtverordneter entzogen. Er wurde als staatlicher Lotterie-Einnehmer entlassen, verlor seine Stellung als Versicherungsvertreter und wurde von der Gestapo mehrfach verhaftet und verhört. Auch in der Kleinstadt Popelken hatte sich die Situation nach 1933 zugespitzt. Das Geschäft von Elfriede und ihrem Mann wurde boykottiert und sie wurden persönlich bedroht. Zu einem Zeitpunkt Mitte bis Ende der 1930er-Jahre entschieden sie sich – möglicherweise nach den Pogromen 1938 –, den Ort fluchtartig zu verlassen und Zuflucht bei ihren Verwandten in Berlin zu suchen. In der Hauptstadt kamen sie mit der noch minderjährigen Tochter von Louis, Meta Hoffmann, zunächst in der Wohnung der Mutter von Grete und Elfriede in der Charlottenburger Kirchstraße 14 unter. Um 1938/1939 musste diese Wohnung geräumt werden und die Hoffmans zogen mit der damals 82-jährigen Lina Czarlinski in die Wohnung von Elfriede und Siegfried Redlich in der Senefelderstraße 4. Vermutlich mussten die Redlichs ab 1939/1940 Zwangsarbeit in Berlin leisten, anders als bei Elfriedes Schwester und deren Ehemann, der in der Waffen- und Munitionsfabrik Borsigwalde zwangsbeschäftigt war, haben sich hierzu aber keine eindeutigen Quellen erhalten. Das Leben in Berlin wurde für die Redlichs Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zunehmend zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Ende 1941 mussten die Redlichs ihre Wohnung verlassen. Sie zogen in die Rykestraße 41, in der wiederum auch Grete und Louis Hoffmann ein Zimmer zur Untermiete bezogen. Elfriedes Mutter war vermutlich inzwischen verstorben, jedenfalls lebte sie Anfang der 1940er-Jahre nicht mehr mit den beiden Ehepaaren in der Wohnung in der Rykestraße.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gut ein Jahr später erhielten das Ehepaar Redlich den Deportationsbescheid. Sie hatten noch miterleben müssen, wie die bei ihnen wohnenden Grete und Louis Hoffmann Anfang November 1942 aus der Wohnung Rykestraße nach Theresienstadt deportiert wurden. Wenige Tage später wurden auch Siegfried und Elfriede Redlich in eine der Sammelstellen Berlins gebracht und von dort mit dem „24. Osttransport“ am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Das Ehepaar wurde – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – in Auschwitz-Birkenau ermordet. Siegfried Redlich war zum Zeitpunkt der Deportation 62 Jahre alt.

Ihre Tochter Ruth und ihre Enkelin überlebten die NS-Verfolgung im Exil und lebten später in Israel. Siegfrieds Bruder Paul Redlich war wenige Monate vor seinem Bruder im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Er wurde am 23. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Das Schicksal von Siegfrieds Schwester Johanne Jachmann ist ungeklärt. Ihr Ehemann Isidor Jachmann wurde am 15. Dezember 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 2. Mai 1943 ermordet. Siegfrieds Schwager Georg Czarlinski und dessen Ehefrau Frieda waren aus ihrem letzten Wohnsitz in der Ansbacher Straße 38 in Schöneberg mit dem gleichen Transport wie Elfriede und Siegfried am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. Der ehemalige SPD-Stadtverordnete Siegfried Czarlinski wurde 1944 in Berlin verhaftet und in das Sammellager der Weddinger Schulstraße verschleppt. Von dort kam er in das „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren bei Teltow südlich von Berlin und wurde dort am 18. Mai 1944 ermordet. Seine nichtjüdische Ehefrau überlebte den Krieg. Louis und Grete Hoffmann durchlitten die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt anderthalb Jahre, bevor sie am 16. Mai 1944 weiter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden. Von den neun Kindern von Louis Hoffmann überlebten drei im Exil. Ein Enkel gehörte zu den Überlebenden von Auschwitz. Die übrigen sechs Töchter, ihre Kinder und Ehemänner wurde in Riga und Auschwitz ermordet.

Siegfried Redlich wurde am 1. Juli 1880 in Breslau (dem heutigen Wrocław) geboren. Er war der Sohn des Kürschnermeisters Moritz Redlich und dessen Ehefrau Rosalie, geborene Königsberg. Siegfried wuchs im Kreis von zwei älteren Geschwistern auf: Seine Schwester Johanne war 1874 geboren worden, sein Bruder Paul 1877. Zum Zeitpunkt der Geburt von Siegfried Redlich wohnte die Familie in einer Wohnung im Südwesten des historischen Stadtkerns Breslaus in der Graupenstraße 16 (heute ul. Krupnicza), in der sich auch die alte jüdische Synagoge „Zum weißen Storch“ befand. Über die Kindheit und Jugend von Siegfried und seinen Geschwistern in der Großstadt an der Oder im ausgehenden 19. Jahrhundert haben sich keine Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde Breslaus, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Siegfried Redlich etwa 17.500 der 240.000 Einwohner der Stadt zählten.

Vermutlich um die Jahrhundertwende zogen die Geschwister Johanne und Siegfried Redlich nach Berlin. Paul Redlich verblieb in Breslau, wo er als Konfektionär arbeitete, genauso wie die Eltern Moritz und Rosalie Redlich, die vor 1911 in Breslau verstarben. Nach seinem Schulabschluss hatte Siegfried sich in den kaufmännischen Bereich orientiert. Er arbeitete in Berlin zunächst als Handlungsgehilfe, später als Schneider und Konfektionär. Seine Schwester Johanne hatte in der Hauptstadt eine Stelle als Buchhalterin gefunden. Ende der 1900er-Jahre lernte Siegfried die Schneiderin Elfriede Czarlinski kennen, deren Familie aus Preußisch Stargard (Starogard Gdański) stammte und die zwei Jahre älter als er war. Am 6. April 1911 heiratete das Paar in Berlin. Siegfried, der zuvor in einer Wohnung in der Metzerstraße 25 gelebt hatte, zog nach der Hochzeit in die Wohnung seiner Ehefrau in der Senefelderstraße 2, nahe dem Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg. Ein Jahr nach der Hochzeit kam am 27. März 1912 ihre Tochter Ruth zur Welt. Das Ehepaar eröffnete nach der Geburt des Kindes eine Konfektion für Capes und Umhänge, wie sie damals in Berlin in Mode waren, in der Senefelderstraße. Im Ersten Weltkrieg wurde Siegfried Redlich rekrutiert oder er meldete sich freiwillig und wurde als Soldat eingesetzt. Er erlitt eine Verletzung, von der er sich nie gänzlich erholte. In den folgenden Jahren übernahm seine Ehefrau die Führung des Geschäfts und bestritt den Lebensunterhalt, da Siegfried durch die im Krieg erlittenen Leiden in seiner Tätigkeit eingeschränkt war. Am Anfang des Krieges waren die Redlichs aus der Senefelderstraße in eine Wohnung in der Gaudystraße 25 im Gleimviertel des Prenzlauer Berges umgezogen. Hier hatte Elfriede Redlich eine Schneiderwerkstatt eingerichtet und war in den 1920er- und 1930er-Jahren in ihrem gelernten Beruf als Damenschneiderin tätig. Die Tochter der Redlichs erlernte nach ihrem Schulabschluss den Beruf der Erzieherin und war als Kindergärtnerin beschäftigt. Siegfrieds Schwester Johanne hatte 1919 den Charlottenburger Kaufmann Isidor Jachmann geheiratet. Aus der Familie von Elfriede lebten noch weitere Verwandte in Berlin. Siegfrieds Schwager Georg Czarlinski war in den 1910er-Jahren in Nürnberg als Kaufmann ansässig, zog aber später ebenfalls in die Hauptstadt, wo er die gebürtige Berlinerin Frieda Bieber heiratete. Ein zweiter Schwager, Siegfried Czarlinski, hatte 1919 die Schneiderin Anna Stock geheiratet und in demselben Jahr für die Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Mit dem Zusammenschluss zu Groß-Berlin wurde er 1920 und bei allen folgenden Wahlen in die Bezirksversammlung Charlottenburg gewählt, erst für die USPD und ab 1922 für die SPD. Siegfrieds Schwägerin Grete Czarlinski hatte 1912 den aus Minden stammenden Kaufmann Max Katz geheiratet. Nach dem Tod ihres Ehemannes Mitte der 1920er-Jahre verließ sie um 1929/1930 Berlin und zog nach Popelken (dem heutigen Wyssokoje), wo sie in zweiter Ehe den Kaufmann Louis Hoffmann heiratete. 1932 zogen die Redlichs in eine Wohnung in der Danziger Straße 72 und bald darauf in die Senefelderstraße 4. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben des Ehepaares Redlich und ihrer Tochter Ruth im Berlin der Weimarer Republik gegen könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Redlich und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Ab 1933 waren die Redlichs auch als Geschäftsinhaber von den antisemitischen Kampagnen und Ausschreitungen betroffen, die ihren sichtbarsten Ausdruck in Boykotten sowie den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin erfuhren. Noch 1933 war ihre Tochter Ruth aus Berlin in das Mandatsgebiet Palästina ausgewandert, hatte dort geheiratet und um 1940/1941 eine Tochter bekommen. Ob das Ehepaar Redlich in den Jahren nach 1933 ebenfalls versucht hatte, Deutschland zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten konkrete Schritte unternommen worden sein, so scheiterten sie letztlich.

Siegfrieds Schwager wurde mit dem SPD-Verbot und der „Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung“ vom Juli 1933 das Mandat als Stadtverordneter entzogen. Er wurde als staatlicher Lotterie-Einnehmer entlassen, verlor seine Stellung als Versicherungsvertreter und wurde von der Gestapo mehrfach verhaftet und verhört. Auch in der Kleinstadt Popelken hatte sich die Situation nach 1933 zugespitzt. Das Geschäft von Elfriede und ihrem Mann wurde boykottiert und sie wurden persönlich bedroht. Zu einem Zeitpunkt Mitte bis Ende der 1930er-Jahre entschieden sie sich – möglicherweise nach den Pogromen 1938 –, den Ort fluchtartig zu verlassen und Zuflucht bei ihren Verwandten in Berlin zu suchen. In der Hauptstadt kamen sie mit der noch minderjährigen Tochter von Louis, Meta Hoffmann, zunächst in der Wohnung der Mutter von Grete und Elfriede in der Charlottenburger Kirchstraße 14 unter. Um 1938/1939 musste diese Wohnung geräumt werden und die Hoffmans zogen mit der damals 82-jährigen Lina Czarlinski in die Wohnung von Elfriede und Siegfried Redlich in der Senefelderstraße 4. Vermutlich mussten die Redlichs ab 1939/1940 Zwangsarbeit in Berlin leisten, anders als bei Elfriedes Schwester und deren Ehemann, der in der Waffen- und Munitionsfabrik Borsigwalde zwangsbeschäftigt war, haben sich hierzu aber keine eindeutigen Quellen erhalten. Das Leben in Berlin wurde für die Redlichs Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zunehmend zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Ende 1941 mussten die Redlichs ihre Wohnung verlassen. Sie zogen in die Rykestraße 41, in der wiederum auch Grete und Louis Hoffmann ein Zimmer zur Untermiete bezogen. Elfriedes Mutter war vermutlich inzwischen verstorben, jedenfalls lebte sie Anfang der 1940er-Jahre nicht mehr mit den beiden Ehepaaren in der Wohnung in der Rykestraße.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gut ein Jahr später erhielten das Ehepaar Redlich den Deportationsbescheid. Sie hatten noch miterleben müssen, wie die bei ihnen wohnenden Grete und Louis Hoffmann Anfang November 1942 aus der Wohnung Rykestraße nach Theresienstadt deportiert wurden. Wenige Tage später wurden auch Siegfried und Elfriede Redlich in eine der Sammelstellen Berlins gebracht und von dort mit dem „24. Osttransport“ am 9. Dezember 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Das Ehepaar wurde – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – in Auschwitz-Birkenau ermordet. Siegfried Redlich war zum Zeitpunkt der Deportation 62 Jahre alt.

Ihre Tochter Ruth und ihre Enkelin überlebten die NS-Verfolgung im Exil und lebten später in Israel. Siegfrieds Bruder Paul Redlich war wenige Monate vor seinem Bruder im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Er wurde am 23. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Das Schicksal von Siegfrieds Schwester Johanne Jachmann ist ungeklärt. Ihr Ehemann Isidor Jachmann wurde am 15. Dezember 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 2. Mai 1943 ermordet. Siegfrieds Schwager Georg Czarlinski und dessen Ehefrau Frieda waren aus ihrem letzten Wohnsitz in der Ansbacher Straße 38 in Schöneberg mit dem gleichen Transport wie Elfriede und Siegfried am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. Der ehemalige SPD-Stadtverordnete Siegfried Czarlinski wurde 1944 in Berlin verhaftet und in das Sammellager der Weddinger Schulstraße verschleppt. Von dort kam er in das „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren bei Teltow südlich von Berlin und wurde dort am 18. Mai 1944 ermordet. Seine nichtjüdische Ehefrau überlebte den Krieg. Louis und Grete Hoffmann durchlitten die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt anderthalb Jahre, bevor sie am 16. Mai 1944 weiter nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden. Von den neun Kindern von Louis Hoffmann überlebten drei im Exil. Ein Enkel gehörte zu den Überlebenden von Auschwitz. Die übrigen sechs Töchter, ihre Kinder und Ehemänner wurde in Riga und Auschwitz ermordet.