Traud Mosler née Mosler

Location 
Rothenburgstr. 24
District
Steglitz
Stone was laid
11 September 2024
Born
08 September 1919 in Berlin
Occupation
Näherin
Escape
1939 England
Survived

Traud Mosler wurde am 8. September 1919 in Berlin als erstes Kind von Frida und Kurt Mosler geboren. Ihr Bruder Werner wurde drei Jahre später, am 23. November 1922, geboren. Die jüdische Bankiersfamilie lebte zunächst einige Jahre in Berlin-Lichterfelde in der Lorzingstraße 4. Da Trauds Vater Kurt Mosler eine erfolgreiche Karriere im Bank- und Versicherungsgeschäft machte, lebte die Familie ohne finanzielle Sorgen. 1923/24 konnte ein großes Grundstück in der Rothenburgstraße 24 gekauft und ein villenähnliches  Doppelhaus gebaut werden, in das die Familie 1925 einzog. Auch Trauds Großmutter Lydia Mosler zog nach dem Tod ihres Mannes in den Haushalt ein – so lebten nun drei Generationen unter einem Dach.  

Traud besuchte von 1926 bis 1930 die Grundschule in Steglitz und wechselte dann zum Auguste-Victoria-Lyzeum in Steglitz, das sie jedoch 1936 als Kind jüdischer Eltern verlassen musste. In ihrem Lebenslauf, den Traud 1956 ihrem Entschädigungsantrag beilegte, beschrieb sie die Beeinträchtigung ihrer schulischen und beruflichen Entwicklung wie folgt:

„Ich wollte mein Abitur machen und zur Universität gehen. Ich wollte Mathematik studieren und auch eine Ausbildung zur Sportlehrerin machen, um als Lehrerin in beiden Fächern zu arbeiten. Aber als Jüdin musste ich 1936 die Schule verlassen und fand keinen Weg, das Abitur zu machen. Ich war eine gute Schülerin und besonders gut in Mathematik.

Ich versuchte dann, einen praktischen Beruf zu ergreifen und eine professionelle Schneiderin zu werden, aber es gab keine Möglichkeiten mehr für jüdische Lehrlinge. Die öffentlichen Schneiderakademien nahmen keine jüdischen Lehrlinge mehr auf. Ich ging dann zu einer privaten jüdischen Schneiderschule, die von Frau Adele Stelitz in Berlin-Halensee geführt wurde, wo ich etwa ein Jahr lang halbtags das Schneiderhandwerk erlernte; eine Methode, die in keiner Weise mit einer richtigen Schneiderlehre vergleichbar war.

So ging ich in das Geschäft meines Vaters (Norm-Kleindruck-Vertrieb, Berlin SW 68, Wilhelmstr. 33) und half ein wenig im Büro aus. Aber das dauerte nur bis Dezember 1938. Dann musste das Geschäft meines Vaters unter Druck verkauft werden. Mein Vater erhielt keine Zahlung für diesen „Verkauf“, den er unter der Drohung einer Inhaftierung in einem Konzentrationslager tätigen musste. Der Käufer wurde von der Gestapo gestellt und zahlte eine Anzahlung von etwa 150 Reichsmark.“

Traud verließ Berlin am 14. März 1939 zusammen mit ihrem Verlobten und späteren ersten Ehemann Gerhard Chaim nach Leeds, England. 
Ihr Bruder Werner folgte ihr Ende Juli 1939. 
Ihre Eltern Kurt und Frida sowie ihre Großmütter Lydia Mosler und Rosalia Goldstein blieben in Berlin. Nach dem weitgehend erzwungenen Verkauf des Hauses und Grundstücks in der Rothenburgstraße 24 im April 1939 mussten ihre Eltern im Oktober 1939 ihren langjährigen Lebensmittelpunkt endgültig verlassen. Sie zogen mit Kurts Mutter Lydia in eine kleine Wohnung in die Prinzregentenstraße 4 um. 

Ein neues Leben in England zu beginnen, war für Traud nicht einfach. Die ständige Sorge um die Eltern war bedrückend. Nachdem der Briefkontakt ausblieb, lebten Traud und ihr Bruder Werner in jahrelanger Ungewissheit über das Schicksal der Eltern. 
Aber auch sich in dem fremden Land und in einer fremden Sprache  alleine "durchzuschlagen" war schwer - zumal auch in England Krieg herrschte und die Bevölkerung unter dem Bombardement der Deutschen litt. Traud  beschrieb ihren Start in England in ihrem schriftlichen Lebenslauf den deutschen Behörden:

„In England nahm ich eine Arbeit als Hausangestellte auf. Die ersten sieben Monate war ich in Liverpool, dann in Leeds und hatte mehrere aufeinanderfolgende Stellen. Schließlich hatte ich Tagesjobs im Haushalt, bei denen ich etwas mehr verdiente, aber mein Zimmer selbst bezahlen musste. Von September oder Oktober 1940 bis November 1941 machte ich Näharbeiten für ein Geschäft in Leeds. Ich musste mich selbst versorgen und mein Zimmer davon bezahlen. In meinem nächsten ähnlichen Job verdiente ich £2 pro Woche.
Anfang 1943 zog ich nach London, wo ich in einer Bekleidungsfabrik im East End £2,10 pro Woche verdiente. Dies setzte ich bis April 1944 fort.“ 

Traud heiratete ihren zweiten Ehemann Leopold Heller am 18. Februar 1944. Im April 1944 hörte sie auf, als Näherin in der Bekleidungsfabrik zu arbeiten, weil sie ihr erstes Kind erwartete. 

In Deutschland nahmen die Dinge ihren traurigen Lauf: Großmutter Rosalia starb Rosalia starb am 20. Dezember 1940, die Mutter ihres Vaters, Lydia,  starb am 29. Juli 1941.
Am 2. März 1943 wurde Trauds Vater Kurt nach Auschwitz deportiert.
Am 4. März 1943 wurde Trauds Mutter Frida nach Auschwitz deportiert.
Beide Eltern wurden nach ihrer Ankunft in den Gaskammern von Auschwitz- Birkenau ermordet.

Nach Kriegsende kehrte Traud nicht nach Deutschland zurück. Traud und Leopold Heller bekamen zwei Söhne, Ralph und Clive, sowie fünf Enkelkinder.  Traud engagierte sich stark in der wohltätigen Arbeit der Leo Baeck Lodge, vor allem sammelte sie Spenden für bedürftige Kinder. In ihren späteren Jahren half sie, jede Woche Mahlzeiten in einem jüdischen Altenheim zu verteilen.

Traud Heller, geborene Mosler, starb am 5. Januar 2006 in London. 
Ihr Bruder Werner war bereits am 27. April 2000 in London gestorben.