Aron Israel

Location 
Jagowstraße 44
District
Moabit
Stone was laid
30 March 2013
Born
28 December 1870 in Osjorsk / Darkehmen (Ostpreußen)
Deportation
on 27 July 1942 to Theresienstadt
Later deported
on 26 September 1942 to Treblinka
Murdered
in Treblinka

Adolf Aron Israel (genannt Aron) wurde am 28. Dezember 1870 im ostpreußischen Darkehmen (heute Osjorsk, Russland) geboren. Die kleine „Stadt am See“ am Fluss Angerapp (Angrapa), etwa 30 Kilometer südöstlich der Stadt Insterburg (Tschernjachowsk), war bis ins 20. Jahrhundert von Ackerbau geprägt. Industrie gab es nur wenig, aber in der Landstadt fanden regelmäßig Vieh- und Pferdemärkte statt und es wurde mit Getreide sowie Leder und Häuten gehandelt. Arons Eltern waren der Essigfabrikant Salomon Israel und seine Ehefrau Doris Wohlgemuth, verh. Israel. Über Arons Elternhaus, seine Kindheit und Jugend in Darkehmen der Kaiserzeit haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Es ist auch nicht bekannt, ob er das einzige Kind seiner Eltern blieb oder im Kreis von Geschwistern aufwuchs. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt, die zum Zeitpunkt der Geburt von Aron kaum 100 der 3000 Einwohner zählte.

Nach seinem Schulabschluss ergriff Aron Israel den Beruf des Kaufmanns und heiratete am 13. September 1895 in Marienburg (Malbork) die wenige Monate jüngere Anna Schmul. Anna war 1871 in Soldau (Działdowo) als Tochter von Simon und Ernestine Schmul, geb. Goldberg, zur Welt gekommen. Nach der Hochzeit ließen sich die Eheleute zunächst in Bischofswerder (Biskupiec) nieder, wo im Juli 1896 ihr erstes Kind Siegfried geboren wurde, und zogen anschließend in die Ortschaft Tiegenhof (Nowy Dwór Gdański) südöstlich von Danzig (Gdańsk). In der westpreußischen Kleinstadt kamen in den folgenden Jahren die weiteren Kinder Georg (*1899), Betty (*1901), Arthur (*1903) und schließlich Siegmund (*1905) zur Welt. Ein Familienfoto aus den 1910er-Jahren – aus dem Atelier Paul Saurin in Marienberg – zeigt das Ehepaar Aron und Anna im Kreis ihrer fünf Kinder: Aron sitzend im gegürteten Feldrock der preußischen Armee, die älteren Söhne Siegfried und Georg im Anzug, Anna und Betty in Zivilkleidung und die jüngsten Kinder nach zeitgenössischem Stil in Matrosenanzügen. Vermutlich wurde das Familienbild kurz vor oder unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs aufgenommen, da im Laufe dessen sich mindestens Siegfried und Georg entweder als Kriegsfreiwilliger meldeten oder einberufen wurden. Siegfried wurde 1917 bei Gefechten leicht verwundet und geriet zum Kriegsende hin – ebenso wie Georg – in Kriegsgefangenschaft, aus der die beiden Brüder erst nach 1919 zurückkehrten. 

Es ist nicht ganz klar, wann die Familie Tiegenhof beziehungsweise Westpreußen verließ, um sich in Berlin niederzulassen. Tiegenhof wurde nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages der Freien Stadt Danzig angegliedert und wurde Kreisstadt des neu geschaffenen Landkreises Groß Werder. Vielleicht zog die Familie bereits in den 1920er-Jahren nach Berlin, zweifelsfrei lässt sich der Nachweis für Aron und Anna jedoch erst in den 1930er-Jahren erbringen, als das Ehepaar eine Wohnung in der Jagowstraße 44 im Westfälischen Viertel des damaligen Bezirks Tiergarten (heute Berlin-Mitte) bewohnte. Arons Sohn Arthur sollte später in der Georgenkirchstraße in Friedrichshain leben.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen ab 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Aron Israel und seine Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden, Anfang der 1930er-Jahre nahm die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zu. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Gesetze und Sondererlasse drängten Aron Israel zunehmend in die Position eines Rechtlosen im eigenen Land.

Vier der fünf Kinder verließen in den 1930er-Jahren Deutschland mit ihren Familien: Siegfried und Siegmund gelang die Ausreise nach Südamerika, wo sie zunächst in Kolumbien lebten und später in die USA emigrierten; Betty konnte sich in die USA retten und Georg flüchtete in die Schweiz, wo er mit seiner Ehefrau Rosa und seinem 1929 geborenen Sohn Herbert in Basel lebte. Nur Arthur verblieb mit seiner Ehefrau Else, geb. Hirschfeld, und ihrem 1936 geborenen Sohn Stefan in Berlin. Ob Aron und Anna in den 1930er-Jahren Pläne verfolgten, Deutschland zu verlassen, geht aus den vorliegenden Quellen nicht hervor. Sollten Sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Spätestens in den 1940er-Jahren wurde das Leben für das Ehepaar in Berlin zum reinen Existenzkampf: Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich gemäß der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Mai 1942 mussten sie ihre Wohnung in der Jagowstraße aufgeben und bezogen ein Zimmer zur Untermiete bei Dr. Carl Casper am Holsteiner Ufer 5.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 informierte die Gestapo die jüdische Gemeinde Berlins, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Aron und Anna Israel erhielten den Deportationsbescheid im Sommer 1942. Sie wurden im Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 interniert und von dort am 27. Juli 1942 mit dem sogenannten „30. Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Zwei Monate später, am 26. September 1942, wurden sie aus dem Ghetto weiter in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet. Sie waren zu diesem Zeitpunkt beide 71 Jahre alt.

Arons Kinder Siegfried, Siegmund, Betty und Georg überlebten die NS-Verfolgung im Exil. Arthur Israel wurde zusammen mit seiner Ehefrau Else und seinem sechsjährigen Sohn Stefan im März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und ermordet.