Gertrud Bobert née Schafranek

Location 
Krefelder Straße 7
District
Moabit
Stone was laid
30 November 2013
Born
07 July 1904 in Berlin
Deportation
on 04 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Gertrud Amalie Schafranek wurde am 7. Juli 1904 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des Kürschnermeisters und Mützenmachers Samuel Schafranek (1878–1942) und dessen Ehefrau Johanna Wagner, verh. Schafranek (1883–1942). Der Familienname wird, anders als in den Geburtsanzeigen, manchmal auch Schefranek geschrieben, so in einzelnen Ausgaben der Berliner Adressbücher. Gertruds Vater stammte ursprünglich aus dem damals zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn gehörenden Stadt Unin (heutiges Unín in der Slowakei), ihre Mutter war gebürtige Wienerin. Nach der Eheschließung hatte sich das Ehepaar in Berlin niedergelassen, wo Gertrud und ihre beiden Schwestern Wally (*1905) und Elly Sophie (*1907) geboren wurden. Zum Zeitpunkt von Gertruds Geburt wohnte die Familie in einer Wohnung in der Rosenthaler Straße 65 am Rande des Scheunenviertels in Berlin-Mitte. 1908 zogen die Schafraneks in eine neue Wohnung in der Landsberger Straße 97 (heute überbaut, ungefähr auf der Höhe der Berolinastraße 8) nahe des Büsching-Platzes. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Gertrud Schafranek und ihren Schwestern im Berlin der Kaiserzeit haben sich keine weiteren Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach der jüdischen Gemeinde Berlins an.

Nach ihrem Schulabschluss absolvierte Gertrud Schafranek eine Ausbildung im Textilhandwerk, möglicherweise im väterlichen Geschäft, das später, in den 1930er-Jahren, als Mützenfabrik Schafranek & Grohmann in der Georgenkirchstraße 64 firmierte. Später war sie in Berlin als Zuschneiderin tätig. Gertruds Schwester Elly absolvierte eine kaufmännische Ausbildung. Nicht bekannt ist, ob und welche Berufsausbildung Wally erhielt, die in den 1920er-Jahren Hans Grohmann heiratete. Am 10. Mai 1929 heiratete auch die damals 24-jährige Gertrud den Berliner Bankbeamten Bernhard Karl Walter Bobert, der 1904 als Sohn von Karl August und Maria Auguste Anna Bobert, geb. Hildebrandt, zur Welt gekommen war. Laut späteren Angaben der Schwester konvertierte Gertrud in dieser Zeit zum Christentum, da ihr Ehemann evangelisch war.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen ab 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Gertrud und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Vermutlich waren sie der Anlass dafür, dass ließ Gertruds Ehemann nach fünf Jahren Ehe 1934 scheiden ließ. Damit verlor sie den prekären Schutz, den ihr die nach NS-Terminologie definierte „privilegierten Mischehe“ gewährte. Ihre Schwester Elly schrieb dazu später: 

„Meine Schwester Gertrude […] heiratete einen Arier namens Bobert (an den Vornamen kann ich mich heute nicht erinnern). Nach der Machtübernahme ließ sich ihr Mann, getreu den Geboten der Partei im Jahre 1934 von ihr als getaufte Jüdin scheiden. Dadurch war sie jetzt der Willkür des Naziregimes vollständig ausgeliefert.“ 

Elly Sophie Schafranek, später verheiratete Klujev, gelang es, in den 1930er-Jahren Deutschland zu verlassen und sich ins Exil nach Südamerika zu retten. Für die in Berlin verbliebene Gertrud und ihre Eltern wurde das Leben in Berlin zunehmend zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich gemäß der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass zumindest Gertrud in den 1940er-Jahren Zwangsarbeit leisten musste.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 informierte die Gestapo die jüdische Gemeinde Berlins, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Im Januar 1942 wurde Gertruds Vater als erster der Familie mit dem „9. Osttransport“ aus Berlin in das Ghetto Riga deportiert und dort ermordet. Seine Frau Johanna lebte noch bis Herbst 1942 in Berlin, als auch sie im September nach Riga deportiert und ermordet wurde. Gertrud lebte zu diesem Zeitpunkt offiziell als Untermieterin der Familie Oppelt in einer Wohnung in der Krefelder Straße 7. Ihre Schwester berichtete später, dass sie in einem katholischen Kloster untertauchte – allerdings ohne den genauen Zeitpunkt zu benennen –und von den „Klosterschwestern unter eigener Lebensgefahr versteckt gehalten wurde“. Die Aufzeichnungen des Erzbistums Berlin dokumentieren, dass Gertrud am 6. Februar 1943 in der Sakristei der katholische Heilig Geist-Kirche in Westend vom Pater Franz Koitka katholisch getauft wurde, und legen damit nahe, dass sie dort Zuflucht gefunden hatte. Wie Gertruds Schwester weiter angab, wurde sie jedoch, als sie am 27. Februar 1943 zur Arbeit ging, erkannt und verhaftet. Sie wurde im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, von der Gestapo an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und in ein Berliner Sammellager verschleppt worden. Von dort wurde sie am 4. März 1943 mit dem „34. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Zum Zeitpunkt der Deportation war Gertrud Bobert 38 Jahre alt.

Gertruds Schwester Elly Sophie überlebte im Exil in Südamerika und lebte später in Buenos Aires in Argentinien. Ihre Schwester Wally Grohmann überlebte die NS-Verfolgung in „privilegierter Mischehe“ mit ihrem Ehemann in Berlin. Gertruds Ex-Ehemann heiratete 1942 erneut, überlebte den Krieg und lebte später in Berlin.