Dr. Sally Fabian

Location 
Reichenberger Straße 86
District
Kreuzberg
Stone was laid
08 October 2023
Born
17 January 1872 in Neustettin (Pommern) / Szczecinek
Escape
1934 Frankreich, 1935 Brasilien
Survived

Sally Fabian kam am 17. Januar 1872 in Neustettin in der preußischen Provinz Pommern als Sohn des jüdischen Kaufmanns Julius Fabian und dessen Ehefrau Henriette, geb. Ehrenwerth, zur Welt. Sally hatte noch sechs jüngere Geschwister: Emma (genannt Emmy, *1875), Elsbeth (genannt Else, *1876), Paul (*1878), Clara (*09.02.1881), Margarete (*27.12.1881) und Georg (*1887). Der Vater war Besitzer eines Geschäftes in der Kleinstadt Neustettin (polnisch Szczecinek), die 140 km ostnordöstlich von Stettin liegt. Als ältester Sohn durfte Sally als einziges der sieben Kinder studieren. Nach seinem Medizinstudium in Würzburg ging er nach Berlin, wo er vermutlich zunächst als Assistenzarzt arbeitete. Seit etwa 1907 hatte Dr. Sally Fabian in Kreuzberg eine eigene Praxis.

Am 19. November 1908 heiratete er in Dresden die am 1. März 1886 ebendort geborene Frida Simon. Diese zog zu ihrem Ehemann nach Berlin, wo am 6. Oktober 1909 der Sohn Kurt Julius und am 22. September 1913 die Tochter Hildegard Henriette, genannt Hilde, geboren wurden. Die Familie lebte in der Reichenberger Straße 86 in Kreuzberg in einer großen, gut eingerichteten Wohnung, in der sich auch die gutgehende Arztpraxis von Dr. Sally Fabian befand. Sie waren Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Berlin und begingen die jüdischen Feiertage. Während des Ersten Weltkrieges leitete Dr. Sally Fabian als Militärarzt ein Lazarettkrankenhaus in Nordfrankreich. Nach Kriegsende betrieb er wieder seine Praxis in Kreuzberg.

Die Boykottmaßnahme der Nazis am 1. April 1933 gegen jüdische Geschäfte, Kanzleien und Arztpraxen veranlassten Dr. Sally Fabian und seine Frau, ihre Tochter Hilde aus Angst vor weiterer Gewalt und Vergewaltigungen jüdischer Frauen nach Paris zu schicken. Mit 61 Jahren musste er im selben Jahr aufgrund der Verordnung vom 22. April 1933, die ihm die kassenärztliche Zulassung entzog, seine Praxis aufgeben und verkaufen. 1934 emigrierte er mit seiner Frau Frida zunächst nach Paris und im Februar 1935 weiter nach São Paulo, Brasilien, wo bereits seit kurzer Zeit sein Sohn Kurt mit seiner Frau Gerda lebte. Kurt ermöglichte nicht nur seinen Eltern die Einreise nach Brasilien, sondern auch seiner Großmutter Ida Simon. Sally verhalf zwei seiner Geschwister, Else und Paul Fabian, zur Emigration nach Brasilien. Die Schwester Emmy, verheiratete Pottlitzer, wanderte 1939 nach Großbritannien aus.

Sallys Schwester Margarete, verwitwete Meyer, wurde am 28. März 1942 mit dem 11. Osttransport in das Ghetto Piaski deportiert und ermordet. Die Schwester Clara war bereits 1907 in Berlin verstorben. Der Bruder Georg Fabian wurde mit seiner Ehefrau Erna, geb. Sittner, am 19. Februar 1943 mit dem 29. Osttransport nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Ihr 1923 geborener Sohn Hans Julius Fabian emigrierte 1939 zunächst nach England und später in die USA.

Sally und Frida Fabians Tochter Hilde hatte in Frankreich 1934 den deutsch-jüdischen Emigranten Gerhard Spiegel geheiratet und war mit ihm 1938 in die USA ausgewandert. Das Ehepaar Fabian zog 1946 zu seiner Tochter nach Glencoe (Illinois), einem Vorort von Chicago, die dort mit ihrem Ehemann und den beiden Töchtern lebte.

Dort starb Dr. Sally Fabian am 15. November 1948 im Alter von 76 Jahren.