Adelheid Wolffberg née Schwartz

Location 
Bayerische Str. 33
District
Wilmersdorf
Stone was laid
06 June 2018
Born
02 April 1865 in Stuhm (Westpreußen) / Sztum
Deportation
on 08 August 1942 to Theresienstadt
Murdered
14 November 1942 in Theresienstadt

Adelheid Schwartz (auch Schwarz geschrieben) kam als dritte Tochter des Kaufmannes Julius Schwar(t)z und seiner Frau Helena, geb. Maschke am 2. April 1865 in Stuhm, Westpreußen (heute Sztum) auf die Welt. Ihre älteren Schwestern Rose und Emma waren 1861 bzw. 1862 geboren worden. Nach Adelheid bekam das Ehepaar noch weitere Töchter: Clara (*1866), Bertha (*1868) und Caroline (*1872). Der einzige Sohn, Hans, geboren 1863 starb im Alter von 2 1/2 Jahren. Kurz vor Adelheids 17. Geburtstag verstarb auch Julius Schwarz. Die Mutter Helena starb im Januar 1900, sie wurde in Stuhm begraben. 

Zu diesem Zeitpunkt lebte Adelheid schon länger nicht mehr in Stuhm. Sie hatte den Kaufmann Paul Wolffberg geheiratet und lebte in Stolp, heute Słupsk. Möglicherweise ist Walter Wolffberg, 1892 in Stolp geboren, ihr Sohn. Die Familie lebte zunächst am Sandberg 140a, später in der Chausseestraße 3. Um 1910 starb Paul Wolffberg. Die verwitwete Adelheid zog in die Quebbenstraße um. Während des Ersten Weltkrieges und danach unterhielt sie eine Pension in der Hospitalstraße 8c. 1925 führt das Stolper Adressbuch Adelheid Wolffberg nicht mehr auf.

In den Berliner Adressbüchern ist sie erst 1927 verzeichnet. Sie wohnte in der Charlottenburger Englischen Straße Nr. 23. Im selben Haus war in diesem Jahr auch eine Trude Wolffberg gemeldet und im Jüdischen Adressbuch von 1931 findet sich der Eintrag: „Wolffberg, Adelheid und Trude, Englische Str. 32“. Ob Trude eine Tochter Adelheids oder eine andere Verwandte war, bleibt unklar. Eine bei der Volkszählung 1939 erfasste Trude Wolffberg ist Jahrgang 1913 - wohl zu jung, um Adelheids Tochter zu sein.

Die Wohnung in der Englischen Straße, 2. Etage ist für Adelheid bis 1935 dokumentiert. Danach muss sie zur Untermiete anderswo gewohnt haben, vielleicht schon in der Bayrischen Straße 33. Denn hier wurde sie bei der genannten Volkszählung am 17. Mai 1939 im Vorderhaus IV. Stock rechts registriert. Dass sie ihre eigene Wohnung aufgeben musste, war wohl eine Folge der diskriminierenden und ausgrenzenden Maßnahmen der NS-Regierung. Dazu gehörte nach einem Plan von Generalbauinspektor Albert Speer auch, dass Juden zusammenrücken und so Wohnraum freimachen sollten. Dieser sollte Nichtjuden zugewiesen werden, deren Wohnungen im Rahmen der großangelegten „Neugestaltung“ der Hauptstadt „Germania“ im Stadtzentrum abgerissen werden sollten oder schon abgerissen waren. 

Im Juli 1942 wird Adelheid eröffnet, dass sie für die „Evakuierung“ - einer der NS-Euphemismen für die Deportation – nach Theresienstadt vorgesehen sei. Dazu soll sie die 16-seitige „Vermögenserklärung“ ausfüllen, die es der Finanzbehörde erleichtern wird, ihre Habe zu beschlagnahmen. Allein, sie scheint nichts mehr zu „erklären“ zu haben. Ohnehin ist das Formular offensichtlich für sie ausgefüllt worden, Adelheid hat lediglich am 22. Juli unterschrieben. Sie ist inzwischen innerhalb des Hauses umgezogen, den Angaben zufolge wohnt sie jetzt im 1. Stock links zur Untermiete bei Vera Lehmann. Für 25,- RM monatlich hat sie ein Zimmer von 3x4 m. Es wird ungefragt bemerkt, dass der Aufenthalt von Vera Lehmann – ursprünglich die Eigentümerin des ganzen Hauses - „unbekannt“ sei. Sicherlich hatte Adelheid Wolffberg mitbekommen, dass Vera Lehmann, von einem Hausbewohner denunziert, im Juni 1942 deportiert worden war. (Siehe Biografie Vera Lehmann)

In der Vermögenserklärung findet sich auf die Frage „Welche Familienangehörige sind schon ausgewandert?“ die Angabe „Walter Israel Wolffberg, abgewandert am 1.5.42“. Hier dürfte es sich um Adelheids Sohn handelt, und der ist sehr wahrscheinlich identisch mit dem bei der Volkszählung 1939 registrierten Walter Wolffberg, geboren am 17. Februar 1892 in Stolp.

Adelheid Wolffberg musste sich in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 begeben, ein als Lager missbrauchtes jüdisches Altersheim, von wo aus sie am 6. August nach Theresienstadt deportiert wurde. Die katastrophalen Lebensumstände dort überlebte die 78-jährige Dame nicht lange. Sie starb in dem ihr zugewiesenen Gebäude L 306, Zimmer C17 am 14. November 1942, offiziell an Herzmuskelentartung.

Vielleicht konnte Adelheid als letzten Trost in Theresienstadt nochmal ihre Schwester Bertha sehen, obwohl es in dem dort herrschenden Chaos sicher nicht leicht war zusammenzufinden. Bertha, verheiratete Friedländer, war einen Monat nach Adelheid, am 8. September 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Bertha hatte mehr Glück als ihre Schwester. Sie überlebte mehrere Winter und gehörte zu den 1200 Juden, die am 6. Februar 1945 von Theresienstadt nach St. Gallen in der Schweiz ausreisen konnten. Die Befreiung verhandelte im Auftrag der jüdisch-orthodoxen Familie Sternbuch der Schweizer Alt-Bundesrat Jean-Marie Musy, der Kontakte zu Himmler unterhielt. Himmler sollte eine Million Dollar bekommen, die er allerdings laut Neue Zürcher Zeitung, nicht mehr erhielt. Es sollten eigentlich noch weitere Transporte folgen, doch Hitler legte persönlich sein Veto ein.

Über das Schicksal der anderen vier Schwestern Adelheids ist nichts bekannt. Von Walter Wolffberg wissen wir, dass er etwa ab 1928 als Kaufmann in Dortmund lebte. Dort war er auch noch bei der Volkszählung 1939 gemeldet, gleichzeitig war er aber auch im sog. Aufbaulager Laer bei Steinfurt registriert. Dort musste er mit anderen Juden Zwangsarbeit zur Begradigung des Flusses Steinfurter Aa leisten. Wenn Adelheids Angabe sich auf ihn bezieht, gelang ihm im Mai 1942 die Flucht aus Deutschland.