Hedwig Schück geb. Neumann

Verlegeort
Rochstraße 2
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
01. September 2018
Geboren
28. November 1878 in Tuchel (Westpreußen) / Tuchola
Beruf
Zuschneiderin
Deportation
am 28. März 1942 in das Ghetto Piaski
Ermordet

In wohlbehüteten Verhältnissen war Hedwig Neumann am 28. November 1878 in Tuchel (polnisch: Tuchola) in Westpreußen auf die Welt gekommen. Dort besuchte sie die höhere Mädchenschule, später in Berlin erlernte sie an einer Akademie den Beruf der Zuschneiderin, d. h. sie entwarf die Schnittmuster, nach denen die Schneider später die Kleidung nähten. Heute würde man sie Mode-Designerin nennen.

Mit 26 Jahren heiratete sie im April 1905 in Berlin den Kaufmann Isidor Schück. Ein Jahr später kam der erste Sohn auf die Welt: Joachim Werner Schück. 1914 folgte Gerhard Schück. Hedwig hatte eine ordentliche Mitgift als Start in ein eigenständiges Leben in die Ehe eingebracht, Isidor Schück verdiente als Reisender für die Firma Freitag so gut, dass sich Hedwig Schück nur noch um die Familie kümmern musste.

Die Familie wohnte in Charlottenburg, die Kinder wuchsen in einem glücklichen Elternhaus auf und eigentlich lebte Familie Schück ein typisch gutbürgerliches Leben in Deutschland – bis der Ehemann Isidor im Dezember 1924 spurlos verschwand. Wochenlang gab es auf alle Fragen keine Antworten. Er blieb verschwunden, bis am 11. Februar 1925 in Pichelsdorf in Spandau abends um 18.30 Uhr eine männliche Leiche angespült wurde. In der Spandauer Zeitung hieß es wenige Tage später: „Der Tote ist der 56 Jahre alte Kaufmann Isidor Schück aus Charlottenburg.“ Die genauen Umstände seines Todes sind bis zum heutigen Tage unklar.

In der Krise ihres Lebens reifte Hedwig Schück zu einer starken Frau heran. Sie machte sich in der Modebranche selbstständig und ab 1926 fanden sich im Berliner Telefonbuch hinter ihrem Namen zwei Zusätze: Witwe und Konfektion für Berufskleidung. Sie schnitt selbst zu, mehrere Heimarbeiterinnen nähten für sie. Die junge Geschäftsfrau hatte Erfolg. Der ältere Sohn Joachim Werner konnte an der Technischen Universität Berlin studieren und schloss 1929 sein Ingenieursstudium ab.

Der finale Einschnitt in das Leben von Hedwig Schück folgte am 30. Januar 1933, als die Nationalsozialisten an die Herrschaft kamen. Der kleine Gerhard Schück machte vier Wochen später sein Abitur an der Siemens-Oberrealschule und wurde in eine Welt der Perspektivlosigkeit entlassen. Er wollte Medizin studieren, aber die Universität war ihm als Juden schon im Frühjahr 1933 verschlossen – er flüchtete nach Frankreich und später nach Südafrika. Sein großer Bruder musste sein erfolgreiches Geschäft aufgeben und flüchtete mit seiner Ehefrau 1936 nach Südafrika.

Hedwig Schück zog aus Charlottenburg in die Rochstraße 2. Ihr Geschäft betrieb sie weiter. Die Söhne baten sie inständig, nach Südafrika zu kommen. Doch Hedwig wollte nicht, sie fühlte sich sicher und machte 1937 noch eine Urlaubsreise nach Italien. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs schlossen sich die Grenzen endgültig. Die Geschäftslage verschlechterte sich und Hedwig Schück spürte wirtschaftliche Not.

Im Winter 1941 stritt sie sich mit ihrem Vermieter Ulrich Witt mehrfach vor Gericht. Zu einer Zeit, als die Deportationen aus Berlin begannen, hatte sie keine Chance mehr auf ein faires Verfahren. Und so erschien in der Rochstraße 2 am 16. März 1942 der Obergerichtsvollzieher und pfändete den gesamten Besitz von Hedwig Schück. Stoffballen um Stoffballen, Kleidung, Möbel, Bücher, eine Singer-Nähmaschine und vieles mehr. Das letzte Lebenszeichen stammt vom 27. März 1942, als sie am Vorabend ihrer Deportation die Vermögenserklärung mit „Witwe Hedwig Sara Schück“ eigenhändig unterschrieb. Einen Tag später fuhr der 11. Osttransport von Berlin los mit 973 Menschen. Ziel war ein Durchgangslager in Piaski in der Nähe von Lublin. Danach verliert sich ihre Spur. Vermutlich ist sie im Vernichtungslager Belzec ermordet worden. Hedwig Schück wurde 63 Jahre alt.

Der Obergerichtsvollzieher stellte im April 1942 fest, dass er den Besitz von Hedwig Schück völlig zu Unrecht gepfändet hatte. Er fragte bei der Gestapo nach, die hier ganz in der Nähe in der Burgstraße 28 residierte, und erhielt zur Antwort, dass Hedwig Schück „nach Unbekannt zur Abwanderung“ gekommen sei und er den Besitz zum Wohle des Deutschen Reiches versteigern solle. Die Versteigerung am 4. Juni 1942 übertraf alle Erwartungen. Hedwig Schück war da vermutlich schon längst tot.

In wohlbehüteten Verhältnissen war Hedwig Neumann am 28. November 1878 in Tuchel (polnisch: Tuchola) in Westpreußen auf die Welt gekommen. Dort besuchte sie die höhere Mädchenschule, später in Berlin erlernte sie an einer Akademie den Beruf der Zuschneiderin, d. h. sie entwarf die Schnittmuster, nach denen die Schneider später die Kleidung nähten. Heute würde man sie Mode-Designerin nennen.

Mit 26 Jahren heiratete sie im April 1905 in Berlin den Kaufmann Isidor Schück. Ein Jahr später kam der erste Sohn auf die Welt: Joachim Werner Schück. 1914 folgte Gerhard Schück. Hedwig hatte eine ordentliche Mitgift als Start in ein eigenständiges Leben in die Ehe eingebracht, Isidor Schück verdiente als Reisender für die Firma Freitag so gut, dass sich Hedwig Schück nur noch um die Familie kümmern musste.

Die Familie wohnte in Charlottenburg, die Kinder wuchsen in einem glücklichen Elternhaus auf und eigentlich lebte Familie Schück ein typisch gutbürgerliches Leben in Deutschland – bis der Ehemann Isidor im Dezember 1924 spurlos verschwand. Wochenlang gab es auf alle Fragen keine Antworten. Er blieb verschwunden, bis am 11. Februar 1925 in Pichelsdorf in Spandau abends um 18.30 Uhr eine männliche Leiche angespült wurde. In der Spandauer Zeitung hieß es wenige Tage später: „Der Tote ist der 56 Jahre alte Kaufmann Isidor Schück aus Charlottenburg.“ Die genauen Umstände seines Todes sind bis zum heutigen Tage unklar.

In der Krise ihres Lebens reifte Hedwig Schück zu einer starken Frau heran. Sie machte sich in der Modebranche selbstständig und ab 1926 fanden sich im Berliner Telefonbuch hinter ihrem Namen zwei Zusätze: Witwe und Konfektion für Berufskleidung. Sie schnitt selbst zu, mehrere Heimarbeiterinnen nähten für sie. Die junge Geschäftsfrau hatte Erfolg. Der ältere Sohn Joachim Werner konnte an der Technischen Universität Berlin studieren und schloss 1929 sein Ingenieursstudium ab.

Der finale Einschnitt in das Leben von Hedwig Schück folgte am 30. Januar 1933, als die Nationalsozialisten an die Herrschaft kamen. Der kleine Gerhard Schück machte vier Wochen später sein Abitur an der Siemens-Oberrealschule und wurde in eine Welt der Perspektivlosigkeit entlassen. Er wollte Medizin studieren, aber die Universität war ihm als Juden schon im Frühjahr 1933 verschlossen – er flüchtete nach Frankreich und später nach Südafrika. Sein großer Bruder musste sein erfolgreiches Geschäft aufgeben und flüchtete mit seiner Ehefrau 1936 nach Südafrika.

Hedwig Schück zog aus Charlottenburg in die Rochstraße 2. Ihr Geschäft betrieb sie weiter. Die Söhne baten sie inständig, nach Südafrika zu kommen. Doch Hedwig wollte nicht, sie fühlte sich sicher und machte 1937 noch eine Urlaubsreise nach Italien. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs schlossen sich die Grenzen endgültig. Die Geschäftslage verschlechterte sich und Hedwig Schück spürte wirtschaftliche Not.

Im Winter 1941 stritt sie sich mit ihrem Vermieter Ulrich Witt mehrfach vor Gericht. Zu einer Zeit, als die Deportationen aus Berlin begannen, hatte sie keine Chance mehr auf ein faires Verfahren. Und so erschien in der Rochstraße 2 am 16. März 1942 der Obergerichtsvollzieher und pfändete den gesamten Besitz von Hedwig Schück. Stoffballen um Stoffballen, Kleidung, Möbel, Bücher, eine Singer-Nähmaschine und vieles mehr. Das letzte Lebenszeichen stammt vom 27. März 1942, als sie am Vorabend ihrer Deportation die Vermögenserklärung mit „Witwe Hedwig Sara Schück“ eigenhändig unterschrieb. Einen Tag später fuhr der 11. Osttransport von Berlin los mit 973 Menschen. Ziel war ein Durchgangslager in Piaski in der Nähe von Lublin. Danach verliert sich ihre Spur. Vermutlich ist sie im Vernichtungslager Belzec ermordet worden. Hedwig Schück wurde 63 Jahre alt.

Der Obergerichtsvollzieher stellte im April 1942 fest, dass er den Besitz von Hedwig Schück völlig zu Unrecht gepfändet hatte. Er fragte bei der Gestapo nach, die hier ganz in der Nähe in der Burgstraße 28 residierte, und erhielt zur Antwort, dass Hedwig Schück „nach Unbekannt zur Abwanderung“ gekommen sei und er den Besitz zum Wohle des Deutschen Reiches versteigern solle. Die Versteigerung am 4. Juni 1942 übertraf alle Erwartungen. Hedwig Schück war da vermutlich schon längst tot.