Hermann Gosliner

Verlegeort
Matternstraße 5
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
19. März 2018
Geboren
07. Dezember 1873 in Rogasen (Posen) / Rogoźno
Tot
12. April 1942 in Berlin

Hermann Gosliner kam am 7. Dezember 1873 in Rogasen in der preußischen Provinz Posen als Sohn des jüdischen Handelsmanns Nathan Gosliner und dessen Ehefrau Flora Frommet, geb. Giballe, zur Welt. Er hatte mindestens noch eine Schwester, die ebenfalls in der kleinen Stadt Rogasen (polnisch Rogoźno), ca. 30 km nördlich von Posen gelegen, geboren wurde: Cäcilie (*1866). Über die Kindheit und Jugend von Hermann Gosliner haben sich keine Informationen erhalten. 

Er erlernte einen kaufmännischen Beruf und übersiedelte nach Posen. Am 30. August 1907 heiratete er in Obornik (Posen) die am 14. Juli 1879 ebendort geborene Margarete (genannt Grete) Fass. Auch sie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Margarete zog zu ihrem Ehemann nach Posen, wo dieser ein Geschäft für Herren-Konfektion betrieb. Sie bekamen zwei Kinder: Norbert (*08.11.1908) und Ilse (*17.11.1909).

Da die Provinz Posen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages an Polen abgetreten werden musste, übersiedelte die Familie Gosliner 1922 nach Berlin. Dort bezogen sie eine Drei-Zimmer-Wohnung im ersten Stock der Matternstraße 5 in Friedrichshain. Eigentümerin des Hauses war Emilie Fass, geb. Fass, eine Verwandte von Margarete Gosliner.

Hermann Gosliner betrieb in Berlin ein Engrosgeschäft mit Herrenstoffen und Herrenbekleidung, außerdem war er Verwalter des Hauses Matternstraße 5. Nachdem die Hauseigentümerin 1934 verstorben war, wurden Margarete und Hermann Gosliner als deren Erben Mitbesitzer des Gebäudes.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Gosliner. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 

Auch Hermann Gosliner litt unter dem zunehmenden Boykott jüdischer Geschäftsleute. Sein Umsatz ging immer mehr zurück, bis er seinen Laden schließlich aufgeben und von seinen Ersparnissen leben musste.

Der Sohn Norbert war als kaufmännischer Angestellter und Lagerverwalter beschäftigt, wurde jedoch 1933 aufgrund seiner jüdischen Abstammung entlassen und fand nur noch gelegentlich Arbeit, bis er schließlich beim Jüdischen Kulturbund in der Kommandantenstraße als Beleuchter angestellt wurde. Er heiratete im November 1937 Gerda Flatow, geb. 1902 in Braunschweig. Sie war Mitbesitzerin des Hauses Kaiserstraße 33 in Mitte – diese Straße existiert nicht mehr, sie befand sich südöstlich des Alexanderplatzes. Dort betrieb sie eine Likörfabrik und Weingroßhandlung mit Ladengeschäft, die in der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 vollständig demoliert wurde. Norbert und Gerda Gosliner wanderten im März 1939 nach England aus.

Die Tochter Ilse hatte im Februar 1935 den jüdischen Sattler Paul Falkenstein, geb. 1906 in Berlin, geheiratet. Am 27. Januar 1936 kam Hermann Gosliners Enkel Alfred zur Welt. Die Falkensteins wohnten in der Lauenburger Straße 2 in Berlin-Steglitz, wo sie auch ein Lederwarengeschäft betrieben. Das Geschäft wurde in der Pogromnacht vollkommen zerstört. Sie zogen daraufhin zu Ilses Eltern in die Matternstraße 5, später in die Kaiserstraße 33.

Hermann Gosliner verstarb am 12. April 1942 im Alter von 68 Jahren im Jüdischen Krankenhaus Berlin an Leberkrebs.

Seine Ehefrau Margarete wurde am 20. Juli 1942 mit dem 25. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Deren Schwester Lina, geb. Fass, wurde mit ihrem Ehemann Isidor Michaelis im September 1942 ebenfalls nach Theresienstadt verschleppt. Lina Michaelis teilte im Juni 1943 in einer Karte ihren in Berlin verbliebenen Angehörigen mit: „... Tante Grete ist leider am 2. April 1943 an ihrem alten Leiden verstorben.“

Der Schwiegersohn Paul Falkenstein wurde am 1. März 1943 mit dem 31. Osttransport, die Tochter Ilse mit dem 7-jährigen Alfred am 4. März 1943 mit dem 34. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet. 

Hermanns Schwester Cäcilie, verheiratete Gerson, war am 14. Januar 1941 im Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde Berlin verstorben.