Henny Simon geb. Loewenthal

Verlegeort
Dortmunder Straße 9
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
10. Juni 2024
Geboren
17. November 1881 in Berlin
Deportation
am 12. Januar 1943 nach Auschwitz
Ermordet

Henny Löwenthal heiratete Paul Simon am 2. November 1911. Er war 32, sie war 30. Sie und Paul bekamen zwei Jahre später eine Tochter, Marianne.

Paul Simon stammte aus Klaipeda, einer Stadt in Litauen nahe der Ostseeküste, deren deutscher Name Memel war und die damals zu Deutschland gehörte. Juden durften sich dort erst seit dem frühen 19. Jahrhundert niederlassen, und die jüdische Bevölkerung zählte in den 1880er Jahren nur 1000 Einwohner. Es ist wahrscheinlich, dass Paul Ende des 19. Jahrhunderts zusammen mit seinen sechs Geschwistern und seinen Eltern, Elise und Julius, in Berlin lebte. Henny wurde in Berlin geboren.

Die Stadt war ein Anziehungspunkt für Juden aus Osteuropa. Zwischen 1880 und 1930 wurden in Berlin acht neue Synagogen gebaut. Um die Jahrhundertwende lebten mehr als 110.000 Juden in der Stadt, was mehr als 5 % der Gesamtbevölkerung ausmachte. Im Jahr 1850 waren es nur 9.500 gewesen. Unseren Verwandten, die aus kleinen Städten und Dörfern stammten, erschien Berlin mit seiner hellen elektrischen Beleuchtung in der Nacht, seinem neuen Straßenbahnsystem und seinen mit Jugendstilfiguren und -dekorationen geschmückten Wohnblocks wie ein Ort, an dem die Zukunft gebaut wurde.

Die Weimer-Ära, von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis zur Machtübernahme der Nazis 1933, war ein goldenes Zeitalter für die Berliner Juden. In den Theatern wurden Max Reinhardts Stücke aufgeführt, Arnold Schönberg und Kurt Weill komponierten Musik, Otto Klemperer und Bruno Walter dirigierten Orchester und Max Liebermann und Lesser Ury malten im Stil des deutschen Impressionismus. Unsere Urgroßmutter, unser Vater, unsere Großonkel und -tanten und ihre Kinder lebten in einer kosmopolitischen Welt, auch wenn wir nur wenige Details über ihr Leben kennen.

Paul Simon starb jung, am 15. Juli 1922, eines natürlichen Todes. Henny hatte einen Doktortitel, aber es ist nicht bekannt, in welchem Fach, vielleicht war sie Ärztin. Sie zog 1935 in die Dortmunder Straße 9, sicherlich gezwungen durch die Nationalsozialisten, die die Juden aus ihren Wohnungen vertrieben und sie in bestimmten Vierteln und Blocks konzentrierten. Hier befand sie sich im Herzen des jüdischen Viertels Moabit - die größte liberale Synagoge der Stadt befand sich um die Ecke der Levetzowstraße.