Hildegard Fabian

Hildegard Henriette, genannt Hilde, Fabian kam am 22. September 1913 in Berlin als Tochter des praktischen Arztes Dr. Sally Fabian und seiner Ehefrau Frida, geb. Simon, zur Welt. Sie hatte noch einen älteren Bruder: Kurt Julius (*1909). Die Familie lebte in der Reichenberger Straße 86 in Kreuzberg in einer großen, gut eingerichteten Wohnung, in der sich auch die gutgehende Arztpraxis von Dr. Sally Fabian befand. Sie waren Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Berlin und begingen die jüdischen Feiertage.

Hilde Fabian schloss ihre Schulausbildung mit dem Abitur ab. Etwa im April 1933, kurz nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, ermutigte ihre Mutter sie, Deutschland zu verlassen und nach Paris zu gehen. Dort arbeitete Hilde als Näherin, fertigte Hüte an und posierte als Modell für Künstler. Sie lebte in einer Pension in der Nähe der Champs-Élysées, in der sie ihren späteren Ehemann, den deutsch-jüdischen Emigranten Gerhard Wilhelm Spiegel, geb. am 19. Oktober 1914 in Dortmund, kennenlernte. Die Besitzer dieser Pension, Herr und Frau Levy, blieben ihre lebenslangen Freunde. Die Levys gingen während des Krieges ins Baskenland und lebten dann in Grasse, Frankreich. Sie waren es, die Hilde und Gerhard in späteren Jahren ermutigten, sich nach Cannes zurückzuziehen.

Gerhard war von seiner Familie nach Frankreich geschickt worden, um seinen Abschluss in Ingenieurwissenschaften in Grenoble zu machen. Hilde Fabian und Gerhard Spiegel heirateten am 21. August 1934 in Grenoble.

1934/35 waren Hildes Eltern, ihr Bruder Kurt und dessen Frau Gerda von Deutschland nach São Paulo, Brasilien, ausgewandert, wo Hildes Neffen Johann und Felix geboren wurden. Sally Fabian drängte seine Tochter, Frankreich zu verlassen und beteiligte sich an den Kosten für ihre Überfahrt und unterstützte ihren Antrag auf ein Visum. Hilde und Gerhard Spiegel wanderten 1938 in die USA aus, wo sie zunächst in Chicago lebten. Gerhard bekam einen Job als Elektroingenieur, der ihn von der Armee fernhielt, und Hilde arbeitete für den Katalogeinkauf von Montgomery Ward. 1944, als ihre erste Tochter Virginia geboren wurde, zogen sie nach Glencoe (Illinois), einem Vorort von Chicago. Evelyn wurde 1946 geboren. Damit sich Hilde und Gerhard ein Haus kaufen konnten, beteiligte sich Sally Fabian an einer Anzahlung.

Hildes Eltern zogen 1946 zu ihrer Tochter in die USA, wo Dr. Sally Fabian am 15. November 1948 verstarb. Frida lebte noch einige Jahre in Glencoe und kehrte erst 1964 nach Berlin zurück, wo sie am 26. Dezember 1965 verstarb.

Hilde und Gerhard Spiegel ermöglichten ihren beiden Töchtern den Besuch privater Hochschulen – Virginia wurde Anwältin und Evelyn Geigenlehrerin. Nachdem ihre Töchter ihre Ausbildung abgeschlossen hatten, ging Hilde selbst zur Universität und erwarb einen Bachelor, einen Master und einen Doktortitel in französischer Literatur an der Northwestern University in Illinois. Ihre Dissertation wurde in Frankreich veröffentlicht. Sie unterrichtete Französisch auf dem Campus der Northwestern University in Chicago, doch dann ging Gerhard nach einem Herzinfarkt in den Ruhestand. 1977 zogen beide nach Cannes.

Sie verbrachten viele glückliche Jahre in Frankreich, wo sie als Botschafter des guten Willens für das US-Konsulat fungierten, Freundschaften schlossen und an gesellschaftlichen Aktivitäten und Buchclubs teilnahmen. Gerhard starb 2005 in Mougins in Südfrankreich, zwei Monate vor seinem 91. Geburtstag. Hilde kehrte später in die USA zurück, wo sie in einer Seniorenresidenz lebte. Fast alle ihre deutschen Verwandten kamen im September 2013 nach Catalina Island, um ihren 100. Geburtstag zu feiern. Hilde Spiegel starb im August 2014, im Alter von fast 101 Jahren.