Georg Lippmann

Location 
Turmstr. 36
District
Moabit
Stone was laid
14 November 2016
Born
13 September 1889 in Berlin
Verhaftet
to 21 December 1938 in Sachsenhausen
Deportation
on 12 March 1943 to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Georg Lippmann wurde am 13. September 1889 in Berlin geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Moses Moritz Lippmann (1852–1931) und dessen Ehefrau Bertha Friedenthal, verh. Lippmann (1854–1943). Seine Eltern stammten aus der Nähe von Posen (Poznań): der Vater aus dem dörflichen Santomischel (Zaniemyśl), seine Mutter aus der Kreisstadt Krotoschin (Krotoszyn). Sie hatten im April 1880 in Krotoschin geheiratet und sich in der Stadt eine gemeinsame Wohnung gesucht. Im Oktober 1881 kam ihr erstes Kind zur Welt, Martin, der noch im Kleinkindalter verstarb; 1883 folgte Gerhard. In den 1880er-Jahren verließ die Familie die Stadt und ließ sich in Berlin nieder, wo nach der Geburt von Georg 1889 auch der jüngste Sohn, Ernst, 1892 zur Welt kam. Zum Zeitpunkt der Geburt von Georg wohnte die Familie in einer Wohnung in der Mendelssohnstraße 17 im Winsviertel in Prenzlauer Berg, zog dann in die heute überbaute Neue Friedrichstraße 37, später in die Tile-Wardenberg-Straße 1a im Westfälischen Viertel und in den 1920er-Jahren an die Adresse Wikingerufer 3. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Georg Lippmann und seinen Brüdern im Berlin der Kaiserzeit haben sich leider keine weiteren Quellen erhalten. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt.

Nach seinem Schulabschluss absolvierte Georg Lippmann – wie bereits sein älterer Bruder Gerhard vor ihm – eine kaufmännische Lehre und war als Handelsvertreter in Berlin tätig. In den 1910er-Jahren, nicht lange vor Beginn des Ersten Weltkriegs, muss er seinen Militärdienst absolviert haben, aber es haben sich weder Zeugnisse über seine Ausbildungszeit, noch über einen recht wahrscheinlichen Einsatz im Krieg erhalten. 1926 starb Georgs Bruder Gerhard vermutlich bei einem Unfall, das Berliner Polizeirevier 293 gab als Todesort „im Tegeler See“ im Norden Berlins an. Im November 1931 verstarb auch sein Vater. Bis zu diesem Zeitpunkt wohnte Georg in der elterlichen Wohnung und kümmerte sich vermutlich dann auch um die verwitwete Mutter, bis er sich Mitte der 1934/1935 eine Wohnung in der Agricolastraße 28 nahm. Sein Bruder Erich absolvierte indessen ein Jurastudium, promovierte und war in Berlin als Steuerinspektor tätig. 1925 heiratete er Klementine Schulte (*1896).

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Jüd*innen seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Georg Lippmann und seine Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung sowie des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden, Anfang der 1930er-Jahre nahm die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zu. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität. Gesetze und Sondererlasse drängten Georg zunehmend in die Position eines Rechtlosen. Nach den Pogromen im Juni und November 1938 in Berlin wurde der Kaufmann verhaftet und im Anschluss als einer von über 6.000 verschleppten Juden, die man zur Emigration zwingen wollte, für mehrere Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert und misshandelt. Ende Dezember 1938 wurde Georg Lippmann aus dem Konzentrationslager entlassen.

Am 25. Januar 1940 heiratete er Ernestine Preiss. Ernestine war 1893 in Elberfeld als Tochter von Heinrich und Ida Preiss, geb. Silberberg, zur Welt gekommen. Aus erster Ehe mit dem 1933 verstorbenen Geschäftsmann Max Becker (*1884) hatte sie einen Sohn namens Heinz Lutz (*1920), der Ende der 1930er-Jahre aus Deutschland entkam und sich ins Exil nach England retten konnte. Ob auch Georg und Ernestine Pläne hatten, Deutschland zu verlassen, geht aus den vorliegenden Quellen nicht hervor. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Nach der Eheschließung zog Georg in die Wohnung seiner Ehefrau in der Turmstraße 36 in Moabit. Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für das Ehepaar in Berlin zum reinen Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich gemäß der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Beide Ehepartner wurden außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen. Sie waren beide zuletzt Arbeiter bei der als kriegswichtig eingestuften Firma Martin Michalski – Uniformbetrieb, die ihren Hauptsitz in der Großen Frankfurter Straße 137 hatte und Militärkleidung herstellte.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 informierte die Gestapo die jüdische Gemeinde Berlins, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Georg und Ernestine wurden Ende Februar oder Anfang März 1943 im Rahmen der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, von der Gestapo verhaftet und in eines der provisorisch hergerichteten Sammellager verschleppt. Von dort aus wurden sie gemeinsam am 12. März 1943 mit dem „36. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Laut Gedenkbucheintrag wurde Georg Lippmann zunächst in das Lager selektiert, bevor der 53-Jährige wenige Tage später, am 27. März 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Für Ernestine Lippmann fehlt ein derartiger Eintrag. Nach aller Wahrscheinlichkeit wurde sie direkt nach der Ankunft des Transports in Auschwitz ermordet. In jedem Fall gehörten beide Ehepartner nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Ernestines Sohn Heinz Lutz überlebte die NS-Verfolgung im Exil in England. Georgs Mutter Bertha Lippmann wurde im September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo die 88-Jährige im Januar 1943 ermordet wurde. Georgs Bruder Ernst Lippmann überlebte die NS-Verfolgung und verstarb 1953 in Essen.