Grete Hoffmann née Czarlinski

Location 
Senefelderstr. 4
District
Prenzlauer Berg
Stone was laid
27 April 2012
Born
31 May 1881 in Preußisch Stargard (Westpreußen) / Starogard Gdański
Deportation
on 05 November 1942 to Theresienstadt
Later deported
to Auschwitz
Murdered
in Auschwitz

Grete Czarlinski wurde am 31. Mai 1881 in Preußisch Stargard (dem heutigen Starogard Gdańsk) geboren. Die damalige Kreisstadt liegt in den Pommerellen, etwa 40 Kilometer südlich von Danzig (Gdańsk), und wurde im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum der Getreide-, Tabak-, Lederproduktion. Grete war die Tochter des Pfandhändlers Samuel Czarlinski und seiner Ehefrau Lina Czarlinski, geborene Seidler. Sie wuchs im Kreis von drei Geschwistern auf: Ihre ältere Schwester Elfriede war am 22. Dezember 1878 geboren worden, ihre jüngeren Brüder Georg und Siegfried kamen am 14. November 1884 und am 25. März 1887 zur Welt. Über die Kindheit und Jugend von Grete und ihren Geschwistern in Preußisch Stargard haben sich keine Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Grete ungefähr 600 der rund 6500 Einwohner Stargards zählten. Mitte des 19. Jahrhunderts war am Ort eine jüdische Elementarschule gegründet worden, die die Geschwister Czarlinski möglicherweise in ihrer Jugend besuchten.<br />
<br />
Spätestens Anfang der 1910er-Jahre zog Grete Czarlinski mit ihrer Schwester und ihrer Mutter aus Preußisch Stargard nach Berlin. Ihr Bruder Georg war als Kaufmann in Nürnberg ansässig, zog aber später ebenfalls nach Berlin und heiratete die gebürtige Berlinerin Frieda Bieber. Ihr jüngster Bruder Siegfried lebte Ende der 1910er-Jahre in Charlottenburg in der Pestalozzistraße und heiratete 1919 die aus Wittenberg stammende Schneiderin Anna Stock. Das Schicksal des Vaters von Grete ist unklar. In der Ehestandsanzeige ihrer Schwester Elfriede von 1911 gilt der Pfandhändler mit letztem Wohnsitz in Preußisch Stargard als „verschollen“. In Berlin hatte Grete eine Anstellung als Verkäuferin gefunden, ihre Schwester war als Schneiderin tätig. Anfang der 1910er-Jahre hatte Elfriede den Schneider Siegfried Redlich kennengelernt und ihn im April 1911 geheiratet. Ein Jahr später kam Gretes Nichte Ruth in Berlin zur Welt. Die Familie ihrer Schwester lebte in dieser Zeit in der Senefelderstraße im Prenzlauer Berg und nicht weit davon hatte auch Grete eine Wohnung bezogen. Sie lebte Anfang der 1910er-Jahre in der Schliemannstraße 46 unweit des Helmholtzplatzes.<br />
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Ende 1912 heiratete Grete Czarlinski. Sie hatte den aus Minden stammenden Kaufmann Max Katz kennengelernt, ehelichte ihn am 23. Dezember 1912 und zog bald darauf zu ihm in die Keibelstraße in Mitte. Im Ersten Weltkrieg wurde Max Katz rekrutiert oder er meldete sich freiwillig. Er diente zunächst als Unteroffizier im preußischen Brigade-Ersatz-Bataillon 9. Im Sommer 1915 wurde er vermutlich bei der Schlacht an der Lorettohöhe bei Lens und Arras verwundet und später zum Infanterie-Regiment 359 verlegt. 1916 zogen Grete und Max in die Charlottenburger Friedbergstraße 5. Hier betätigte sich Gretes Ehemann in den 1920er-Jahre als Vertreter für Immobilien im Ausland. Gretes Bruder Siegfried hatte unterdessen 1919 für die Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Mit dem Zusammenschluss zu Groß-Berlin wurde er 1920 und bei allen folgenden Wahlen in die Bezirksversammlung Charlottenburg gewählt, erst für die USPD und ab 1922 für die SPD. Ihre Schwester Elfriede betrieb mit ihrem im Krieg verletzten Mann eine Schneidereiwerkstatt in der Gaudystraße und ihr Bruder Georg arbeitete als Handelsvertreter in Berlin.<br />
<br />
Um 1926/1927 verstarb Max Katz. Grete lebte als Witwe weiter in der Friedbergstraße, bis sie Ende der 1920er-Jahre den aus Tuchel (Tuchola) stammenden Kaufmann Louis Hoffmann kennenlernte. Er hatte in den 1920er-Jahren mit seiner damaligen Ehefrau ein Textilmanufakturwarengeschäft in Rosenberg (dem heutigen Susz) geführt. Um 1930 übernahm er das Manufakturwarengeschäft seines Bruders für Stoffe, Schnittwaren, Herren- und Kinderbekleidung in der Hauptstraße in Popelken (dem heutigen Wyssokoje) und gab dafür das Geschäft in Rosenberg auf. Ein Jahr zuvor, im Juni 1929, war seine Ehefrau gestorben. Grete, die aus Berlin nach Popelken zog, heiratete Louis in zweiter Ehe 1930. Das Ehepaar war wohlsituiert und zählte in der damals ostpreußischen Kleinstadt sicher zur gutbürgerlichen Mittelschicht. In die Ehe brachte der orthodox lebende Louis insgesamt neun Kinder ein, die zwischen 1902 und 1923 in Rosenburg zur Welt gekommen waren und die teils noch bei ihrem Vater lebten, teils bereits ausgezogen waren und eigene Haushalte führten.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Hoffmann und ihre Angehörigen. Louis war als Geschäftsinhaber in der Kleinstadt Popelken einer der exponiertesten Angriffsziele der antisemitischen Ausschreitungen und Boykotte. Ab 1933 wurden seine Geschäftsräume mehrfach durch Uniformierte blockiert, Kunden wurden verschreckt oder sie schlossen sich selbstständig den Boykotten an, er und seine Familienangehörige erlebten in der Ortschaft Hetze und physische Bedrohung, auch mit dem Hinweis, er würde bald verhaftet werden. Gretes Bruder Siegfried wurde nach dem SPD-Verbot und der „Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung“ vom Juli 1933 das Mandat entzogen und er wurde aus politischen und rassistischen Gründen als staatlicher Lotterie-Einnehmer entlassen. Auch seine Stellung als Versicherungsvertreter, dessen Generalvertreter für Charlottenburg er war, wurde ihm gekündigt. In Popelken spitzte sich die Situation derart zu, dass Grete und Louis Hoffmann zu einem Zeitpunkt Mitte bis Ende der 1930er-Jahre entschieden – möglicherweise nach den Pogromen 1938 – den Ort fluchtartig zu verlassen und Zuflucht bei den Verwandten Gretes in Berlin zu suchen. Vielleicht wurde ein Teil des Besitzes des Hausstandes und das Geschäft in Popelken vor der Flucht zwangsweise verschleudert, wie es später behördlich angenommen wurde, laut Familienangaben wagte Louis Hoffmann aber keine Veräußerung. Er wollte die Verhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt ordnen, wenn sich die Situation entschärft hätte. Dazu sollte es nicht mehr kommen. Mit wenigen Wertgegenständen im Gepäck retteten sich Grete und Louis Hoffmann und die letzte noch bei ihnen lebende Tochter Meta Hoffmann aus Popelken. In Berlin kamen sie zunächst in der Wohnung von Gretes Mutter in der Charlottenburger Kirchstraße 14 unter. Um 1938/1939 musste auch diese Wohnung geräumt werden und die Hoffmans zogen mit der damals 82-jährigen Lina Czarlinski in die Wohnung, die Gretes Schwester Elfriede und deren Mann Siegfried in der Senefelderstraße 4 im Prenzlauer Berg bewohnten. Mit Kriegsbeginn 1939 musste Gretes Ehemann als Schichtarbeiter in der Waffen- und Munitionsfabrik Borsigwalde Zwangsarbeit leisten. Grete Hoffmann war als Hauspflegerin der Jüdischen Gemeinde tätig. Ihr Bruder Siegfried war mehrere Male von der Gestapo verhaftet und verhört worden, kam aber immer wieder nach kurzer Zeit frei. Das Leben in Berlin wurde für die Hoffmans Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zunehmend zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Winter 1941 musste auch die Wohnung in der Senefelderstraße geräumt werden. Elfriede und Siegfried Redlich kamen in der Rykestraße 41 unter, in der wiederum auch Grete und Louis Hoffmann ein Zimmer zur Untermiete bezogen. Die Mutter von Grete und Elfriede war vermutlich inzwischen verstorben, jedenfalls lebte sie Anfang der 1940er-Jahre nicht mehr mit den beiden Ehepaaren in der Wohnung in der Rykestraße.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gut ein Jahr später erhielten die Hoffmanns den Deportationsbescheid. Sie wurden in eines der Berliner Sammelstellen verbracht und von dort am 5. November 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Grete und Louis Hoffmann durchlitten die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt anderthalb Jahre, bevor sie am 16. Mai 1944 aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – in Auschwitz-Birkenau ermordet wurden.<br />
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Nur wenige der Familienangehörigen von Grete und Louis Hoffmann überlebten die NS-Verfolgung. Gretes Schwester und ihr Ehemann mussten wenige Tage nach den Hoffmanns ebenfalls die Rykestraße verlassen. Sie wurden zusammen mit Gretes Bruder Georg, dessen Ehefrau Frieda Czarlinski, geborene Bieber, und deren 1928 geborenem Sohn Alfred am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Gretes Nichte Ruth emigrierte 1933 in das Mandatsgebiet Palästina. Gretes jüngster Bruder Siegfried wurde 1944 in Berlin in das Sammellager der Weddinger Schulstraße verschleppt. Von dort kam er mit anderen Juden in das „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren bei Teltow südlich von Berlin und wurde dort am 18. Mai 1944 ermordet. Seine Frau Anna Czarlinski, geborene Stock, überlebte. Von den neun Kindern von Louis Hoffmann überlebten drei im Exil. Seinem Sohn Georg Hoffmann gelang 1940 die Flucht über Sibirien nach Shanghai. Er lebte später in den USA, genauso wie sein jüngerer Brüder Julius Hoffmann, der sich ebenfalls nach Shanghai hatte retten können. Louis’ Tochter Hertha Silberstein, geborene Hoffmann, gelang mit ihrem Kind die Flucht in das Mandatsgebiet Palästina. Sie lebte später in Israel. Dorthin war auch Siegfried Danneberg, der Sohn der ältesten Tochter von Louis, Elly Dannenberg, geborene Hoffmann, nach 1945 gegangen. Er hatte Auschwitz überlebt. Sechs Töchter von Louis und deren Familienangehörige wurden ermordet: Else Brager, geborene Hoffmann, und ihre drei Töchter sowie die ledige Meta Hoffmann wurden im Oktober 1942 aus Berlin nach Riga deportiert und nach ihrer Ankunft in den Wäldern von Rumbula erschossen. Elly Dannenberg und ihre drei Töchter, Gertrud Schleimer, geborene Hoffmann, ihre drei Kinder und ihr Ehemann Hermann sowie Betty Rosenfeld, geborene Hoffmann, wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“ im März 1943 aus Berlin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Helene Freund, geborene Hoffmann, war mit ihrer Tochter Bella Freund im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Im Mai 1944 wurden die beiden weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Grete Czarlinski wurde am 31. Mai 1881 in Preußisch Stargard (dem heutigen Starogard Gdańsk) geboren. Die damalige Kreisstadt liegt in den Pommerellen, etwa 40 Kilometer südlich von Danzig (Gdańsk), und wurde im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum der Getreide-, Tabak-, Lederproduktion. Grete war die Tochter des Pfandhändlers Samuel Czarlinski und seiner Ehefrau Lina Czarlinski, geborene Seidler. Sie wuchs im Kreis von drei Geschwistern auf: Ihre ältere Schwester Elfriede war am 22. Dezember 1878 geboren worden, ihre jüngeren Brüder Georg und Siegfried kamen am 14. November 1884 und am 25. März 1887 zur Welt. Über die Kindheit und Jugend von Grete und ihren Geschwistern in Preußisch Stargard haben sich keine Quellen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Grete ungefähr 600 der rund 6500 Einwohner Stargards zählten. Mitte des 19. Jahrhunderts war am Ort eine jüdische Elementarschule gegründet worden, die die Geschwister Czarlinski möglicherweise in ihrer Jugend besuchten.

Spätestens Anfang der 1910er-Jahre zog Grete Czarlinski mit ihrer Schwester und ihrer Mutter aus Preußisch Stargard nach Berlin. Ihr Bruder Georg war als Kaufmann in Nürnberg ansässig, zog aber später ebenfalls nach Berlin und heiratete die gebürtige Berlinerin Frieda Bieber. Ihr jüngster Bruder Siegfried lebte Ende der 1910er-Jahre in Charlottenburg in der Pestalozzistraße und heiratete 1919 die aus Wittenberg stammende Schneiderin Anna Stock. Das Schicksal des Vaters von Grete ist unklar. In der Ehestandsanzeige ihrer Schwester Elfriede von 1911 gilt der Pfandhändler mit letztem Wohnsitz in Preußisch Stargard als „verschollen“. In Berlin hatte Grete eine Anstellung als Verkäuferin gefunden, ihre Schwester war als Schneiderin tätig. Anfang der 1910er-Jahre hatte Elfriede den Schneider Siegfried Redlich kennengelernt und ihn im April 1911 geheiratet. Ein Jahr später kam Gretes Nichte Ruth in Berlin zur Welt. Die Familie ihrer Schwester lebte in dieser Zeit in der Senefelderstraße im Prenzlauer Berg und nicht weit davon hatte auch Grete eine Wohnung bezogen. Sie lebte Anfang der 1910er-Jahre in der Schliemannstraße 46 unweit des Helmholtzplatzes.

Ende 1912 heiratete Grete Czarlinski. Sie hatte den aus Minden stammenden Kaufmann Max Katz kennengelernt, ehelichte ihn am 23. Dezember 1912 und zog bald darauf zu ihm in die Keibelstraße in Mitte. Im Ersten Weltkrieg wurde Max Katz rekrutiert oder er meldete sich freiwillig. Er diente zunächst als Unteroffizier im preußischen Brigade-Ersatz-Bataillon 9. Im Sommer 1915 wurde er vermutlich bei der Schlacht an der Lorettohöhe bei Lens und Arras verwundet und später zum Infanterie-Regiment 359 verlegt. 1916 zogen Grete und Max in die Charlottenburger Friedbergstraße 5. Hier betätigte sich Gretes Ehemann in den 1920er-Jahre als Vertreter für Immobilien im Ausland. Gretes Bruder Siegfried hatte unterdessen 1919 für die Charlottenburger Stadtverordnetenversammlung kandidiert. Mit dem Zusammenschluss zu Groß-Berlin wurde er 1920 und bei allen folgenden Wahlen in die Bezirksversammlung Charlottenburg gewählt, erst für die USPD und ab 1922 für die SPD. Ihre Schwester Elfriede betrieb mit ihrem im Krieg verletzten Mann eine Schneidereiwerkstatt in der Gaudystraße und ihr Bruder Georg arbeitete als Handelsvertreter in Berlin.

Um 1926/1927 verstarb Max Katz. Grete lebte als Witwe weiter in der Friedbergstraße, bis sie Ende der 1920er-Jahre den aus Tuchel (Tuchola) stammenden Kaufmann Louis Hoffmann kennenlernte. Er hatte in den 1920er-Jahren mit seiner damaligen Ehefrau ein Textilmanufakturwarengeschäft in Rosenberg (dem heutigen Susz) geführt. Um 1930 übernahm er das Manufakturwarengeschäft seines Bruders für Stoffe, Schnittwaren, Herren- und Kinderbekleidung in der Hauptstraße in Popelken (dem heutigen Wyssokoje) und gab dafür das Geschäft in Rosenberg auf. Ein Jahr zuvor, im Juni 1929, war seine Ehefrau gestorben. Grete, die aus Berlin nach Popelken zog, heiratete Louis in zweiter Ehe 1930. Das Ehepaar war wohlsituiert und zählte in der damals ostpreußischen Kleinstadt sicher zur gutbürgerlichen Mittelschicht. In die Ehe brachte der orthodox lebende Louis insgesamt neun Kinder ein, die zwischen 1902 und 1923 in Rosenburg zur Welt gekommen waren und die teils noch bei ihrem Vater lebten, teils bereits ausgezogen waren und eigene Haushalte führten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Hoffmann und ihre Angehörigen. Louis war als Geschäftsinhaber in der Kleinstadt Popelken einer der exponiertesten Angriffsziele der antisemitischen Ausschreitungen und Boykotte. Ab 1933 wurden seine Geschäftsräume mehrfach durch Uniformierte blockiert, Kunden wurden verschreckt oder sie schlossen sich selbstständig den Boykotten an, er und seine Familienangehörige erlebten in der Ortschaft Hetze und physische Bedrohung, auch mit dem Hinweis, er würde bald verhaftet werden. Gretes Bruder Siegfried wurde nach dem SPD-Verbot und der „Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung“ vom Juli 1933 das Mandat entzogen und er wurde aus politischen und rassistischen Gründen als staatlicher Lotterie-Einnehmer entlassen. Auch seine Stellung als Versicherungsvertreter, dessen Generalvertreter für Charlottenburg er war, wurde ihm gekündigt. In Popelken spitzte sich die Situation derart zu, dass Grete und Louis Hoffmann zu einem Zeitpunkt Mitte bis Ende der 1930er-Jahre entschieden – möglicherweise nach den Pogromen 1938 – den Ort fluchtartig zu verlassen und Zuflucht bei den Verwandten Gretes in Berlin zu suchen. Vielleicht wurde ein Teil des Besitzes des Hausstandes und das Geschäft in Popelken vor der Flucht zwangsweise verschleudert, wie es später behördlich angenommen wurde, laut Familienangaben wagte Louis Hoffmann aber keine Veräußerung. Er wollte die Verhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt ordnen, wenn sich die Situation entschärft hätte. Dazu sollte es nicht mehr kommen. Mit wenigen Wertgegenständen im Gepäck retteten sich Grete und Louis Hoffmann und die letzte noch bei ihnen lebende Tochter Meta Hoffmann aus Popelken. In Berlin kamen sie zunächst in der Wohnung von Gretes Mutter in der Charlottenburger Kirchstraße 14 unter. Um 1938/1939 musste auch diese Wohnung geräumt werden und die Hoffmans zogen mit der damals 82-jährigen Lina Czarlinski in die Wohnung, die Gretes Schwester Elfriede und deren Mann Siegfried in der Senefelderstraße 4 im Prenzlauer Berg bewohnten. Mit Kriegsbeginn 1939 musste Gretes Ehemann als Schichtarbeiter in der Waffen- und Munitionsfabrik Borsigwalde Zwangsarbeit leisten. Grete Hoffmann war als Hauspflegerin der Jüdischen Gemeinde tätig. Ihr Bruder Siegfried war mehrere Male von der Gestapo verhaftet und verhört worden, kam aber immer wieder nach kurzer Zeit frei. Das Leben in Berlin wurde für die Hoffmans Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zunehmend zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Im Winter 1941 musste auch die Wohnung in der Senefelderstraße geräumt werden. Elfriede und Siegfried Redlich kamen in der Rykestraße 41 unter, in der wiederum auch Grete und Louis Hoffmann ein Zimmer zur Untermiete bezogen. Die Mutter von Grete und Elfriede war vermutlich inzwischen verstorben, jedenfalls lebte sie Anfang der 1940er-Jahre nicht mehr mit den beiden Ehepaaren in der Wohnung in der Rykestraße.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Gut ein Jahr später erhielten die Hoffmanns den Deportationsbescheid. Sie wurden in eines der Berliner Sammelstellen verbracht und von dort am 5. November 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Grete und Louis Hoffmann durchlitten die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto Theresienstadt anderthalb Jahre, bevor sie am 16. Mai 1944 aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – in Auschwitz-Birkenau ermordet wurden.

Nur wenige der Familienangehörigen von Grete und Louis Hoffmann überlebten die NS-Verfolgung. Gretes Schwester und ihr Ehemann mussten wenige Tage nach den Hoffmanns ebenfalls die Rykestraße verlassen. Sie wurden zusammen mit Gretes Bruder Georg, dessen Ehefrau Frieda Czarlinski, geborene Bieber, und deren 1928 geborenem Sohn Alfred am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Gretes Nichte Ruth emigrierte 1933 in das Mandatsgebiet Palästina. Gretes jüngster Bruder Siegfried wurde 1944 in Berlin in das Sammellager der Weddinger Schulstraße verschleppt. Von dort kam er mit anderen Juden in das „Arbeitserziehungslager“ Großbeeren bei Teltow südlich von Berlin und wurde dort am 18. Mai 1944 ermordet. Seine Frau Anna Czarlinski, geborene Stock, überlebte. Von den neun Kindern von Louis Hoffmann überlebten drei im Exil. Seinem Sohn Georg Hoffmann gelang 1940 die Flucht über Sibirien nach Shanghai. Er lebte später in den USA, genauso wie sein jüngerer Brüder Julius Hoffmann, der sich ebenfalls nach Shanghai hatte retten können. Louis’ Tochter Hertha Silberstein, geborene Hoffmann, gelang mit ihrem Kind die Flucht in das Mandatsgebiet Palästina. Sie lebte später in Israel. Dorthin war auch Siegfried Danneberg, der Sohn der ältesten Tochter von Louis, Elly Dannenberg, geborene Hoffmann, nach 1945 gegangen. Er hatte Auschwitz überlebt. Sechs Töchter von Louis und deren Familienangehörige wurden ermordet: Else Brager, geborene Hoffmann, und ihre drei Töchter sowie die ledige Meta Hoffmann wurden im Oktober 1942 aus Berlin nach Riga deportiert und nach ihrer Ankunft in den Wäldern von Rumbula erschossen. Elly Dannenberg und ihre drei Töchter, Gertrud Schleimer, geborene Hoffmann, ihre drei Kinder und ihr Ehemann Hermann sowie Betty Rosenfeld, geborene Hoffmann, wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“ im März 1943 aus Berlin nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Helene Freund, geborene Hoffmann, war mit ihrer Tochter Bella Freund im Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert worden. Im Mai 1944 wurden die beiden weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.