Louis Schallamach

Location 
Jessnerstraße 11
Historical name
Kronprinzenstraße 49
District
Friedrichshain
Stone was laid
10 April 2024
Born
04 November 1866 in Klein Gay (Posen) / Gaj Mały
Deportation
on 14 September 1942 to Theresienstadt
Murdered
03 October 1942 in Theresienstadt

Louis Schallamach kam am 4. November 1866 in Klein Gay in der preußischen Provinz Posen als Sohn des jüdischen Gastwirts Abraham Schallamach und dessen Ehefrau Guste, geb. Kempner, zur Welt. Das Dorf Klein Gay (polnisch Gaj Mały) liegt etwa 5 km nördlich der Kleinstadt Samter (polnisch Szamotuły) und 40 km nordwestlich der Stadt Posen. Louis hatte mindestens noch fünf ältere Geschwister: Ernestine (*1852), Adolf Aron (*1856), Röschen (*1858), Lehne (*1862) und Mine (*1864). Über die Kindheit und Jugend von Louis Schallamach haben sich keine Informationen erhalten. Nach der Schule erlernte er einen kaufmännischen Beruf und trat in das Unternehmen seines Vaters ein, der Landwirt und Kaufmann war. Später übernahm Louis Schallamach das väterliche Unternehmen, vergrößerte es und war in Samter Inhaber einer der führenden Firmen für Grundstücksverwaltung und Viehgroßhandel.

Um 1898 heiratete er Ida Jacobsohn, geb. am 3. Juni 1875 in Schönlanke (Posen). Auch sie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Das Ehepaar bekam fünf Kinder, die alle in Klein Gay geboren wurden: Artur (*1899), Erna (geb. und gest. 1901), Alice (*1902), Martin (*1905) und Margarete (*1906).

Die Provinz Posen musste nach dem Ende des Ersten Weltkriegs aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages an Polen abgetreten werden. Die Familie übersiedelte 1922 nach Berlin, wo Louis' ältere Schwestern bereits seit den 1890er Jahren lebten. Vorher veräußerte Louis Schallamach noch seinen umfangreichen Grundbesitz, den er in Samter und der Umgebung besaß. Von dem Erlös kaufte er in Berlin mehrere Grundstücke, u.a. das Haus Kronprinzenstraße 49 (heute Jessnerstraße 11). Die Familie bezog im selben Haus eine 5-Zimmer-Wohnung. Louis Schallamach betrieb in Berlin eine Grundstücksvermittlung und -verwaltung, die seinen eigenen und fremden Grundbesitz umfasste. Neben zwei Angestellten arbeitete auch die Tochter Margarete im Büro mit. 

Nach 1933 war auch Louis Schallamach vom zunehmenden Boykott jüdischer Geschäftsleute betroffen: Ihm wurden viele seiner Grundstücksverwaltungen gekündigt und auch seine Grundstücksvermittlung ging zurück. Bis Anfang 1939 musste er seinen gesamten Grundbesitz zwangsweise verkaufen, auch das Haus Kronprinzenstraße 49. Das Ehepaar Schallamach wohnte aber weiterhin dort. Ihre Kinder waren inzwischen ausgezogen: Die Tochter Margarete hatte 1928 den kaufmännischen Angestellten Siegfried Hirschbruch geheiratet, 1933 kam die Tochter Eva zur Welt. Die Familie wohnte im Schulenburgring 126 in Tempelhof. 

Der Sohn Martin hatte Deutschland bereits im April 1933 verlassen und erhielt nach mehreren Stationen in Frankreich und Jugoslawien im September 1936 die Einreiseerlaubnis für England. Er heiratete 1937 in Stoke Newington Frieda Schuelke und bekam mit ihr drei Kinder: Michael (*1938), Darek (*1940) und Yvonne (*1944).

Der Sohn Artur emigrierte Ende 1938 illegal in die Niederlande. Die Tochter Alice hatte 1930 den Kaufmann Hans Isaac geheiratet und wanderte 1939 mit ihm nach Bolivien aus.

Louis und Ida Schallamach hatten wohl spätestens nach den Pogromen vom November 1938 ebenfalls die Absicht, Deutschland zu verlassen. Sohn Martin schildert nach dem Krieg in den Entschädigungsakten: „Am 10.11.1938 drang eine große Horde in die Kronprinzenstraße 49 ein und zerstörte die gesamte Wohnung […]. Die Wohnung war derart zerstört, dass ein Nachbar Mitleid mit meinen Eltern hatte und ihnen die notdürftigsten Möbel von dritter Seite besorgte.“ 

Doch zur Auswanderung des Ehepaares sollte es nicht mehr kommen: Louis und Ida Schallamach wurden am 14. September 1942 mit dem 2. großen Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Louis Schallamach überlebte dort nicht einmal drei Wochen: Er starb am 3. Oktober 1942 an einer Lungenentzündung. Seine Frau kam am 10. Juni 1943 ums Leben.

Die Tochter Margarete, Siegfried und Eva Hirschbruch wurden am 18. Mai 1943 mit dem 88. Alterstransport nach Theresienstadt verschleppt. Von dort wurden Margarete und Eva am 6. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Siegfried Hirschbruch hatte man bereits am 29. September 1944 nach Auschwitz und von dort am 10. Oktober 1944 nach Dachau verschleppt, wo er im Außenlager Kaufering schwerste Zwangsarbeit leisten musste. Er kam dort am 23. November 1944 ums Leben.

Der Sohn Artur lebte in den Niederlanden in verschiedenen Flüchtlingslagern, seit dem 20. März 1941 war er im Zentralen Flüchtlingslager Westerbork interniert, das zu diesem Zeitpunkt noch von Niederländern verwaltet wurde. Nachdem daraus am 1. Juli 1942 das „polizeiliche Judendurchgangslager Kamp Westerbork“ unter deutscher Verwaltung geworden war, begannen die Deportationen. Artur Schallamach wurde am 18. Januar 1944 zunächst nach Theresienstadt und am 16. Mai 1944 nach Auschwitz verschleppt, wo er am 7. Juli 1944 ermordet wurde.

Nach dem Tod ihres Ehemanns kehrte Alice Isaac 1955 aus Bolivien nach Berlin zurück. Sie starb 1975, ihr Bruder Martin Schallamach war bereits 1969 in England gestorben.