Gertrud Silberkleid née Friedmann

Location 
Warschauer Straße 8
District
Friedrichshain
Stone was laid
10 April 2024
Born
12 November 1881 in Breslau / Wrocław
Deportation
on 14 November 1941 to Minsk
Murdered

Gertrud Friedmann kam am 12. November 1881 in Breslau, der Hauptstadt der preußischen Provinz Schlesien, als Tochter des jüdischen Produktenhändlers Moritz Friedmann und dessen Ehefrau Toni Täubchen, geb. Bergmann, zur Welt. Sie hatte noch vier Geschwister: Sarophine (*1875), Martha (*1889), Martin (*1891) und Hedwig.

Gertrud absolvierte in Breslau eine Höhere Mädchenschule und eignete sich anschließend auf Wunsch ihrer Eltern Buchführung und Kurzschrift in einer Handelsschule an. Außerdem lernte sie noch Weißnähen: Weißnäherinnen stellten in erster Linie Unterwäsche, Tisch- und Bettwäsche her, häufig aufwändig verziert mit Spitzen und Stickereien. 

Gertrud arbeitete bis zum Tod ihres Vaters 1905 in dessen Metall-, Eisen-, Leder- und Produktenhandlung, ihre Mutter war bereits im Jahr davor verstorben. Anschließend war sie ca. sechs Jahre in der Metall-, Eisen- und Stahlwarenhandlung Herz & Ehrlich in Breslau tätig. Danach unterstützte sie ihre Cousinen, die Geschwister Kunert, in ihrem Posamentierwarengeschäft.

1918 übersiedelte sie auf Wunsch ihres Bruders Martin Friedmann nach Berlin, der seinen Wohnsitz nach der Entlassung aus dem Militär dorthin verlegt hatte. Gertrud wohnte bei ihrem Bruder und trat zunächst eine Stelle bei der Schuhfirma Leiser in der Friedrichstraße an. Nachdem Martin Friedmann 1920 geheiratet hatte und nun die Wohnung für sich und seine Ehefrau brauchte, kaufte er seiner Schwester einen Laden mit Wohnung am Boxhagener Platz, in der Grünberger Straße 12 (heute Nr. 69). Ihr Bruder stattete sie mit einem reichhaltigen Warenlager aus.

Gertrud Friedmann heiratete am 11. Januar 1921 den Kaufmann Hugo Silberkleid, geb. am 15. August 1877 in Königlich Dombrowka (Schlesien). Auch er gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Die Ehe blieb kinderlos.

Das Textilwarengeschäft betrieb das Ehepaar nun gemeinsam – Hugo Silberkleid hatte vorher jahrelang in der Textilbranche gearbeitet. Sie lebten in den Nebenräumen des Ladens, bis sie etwa 1928 eine 3-Zimmer-Wohnung im Haus Warschauer Straße 8 fanden.

Das Geschäft gaben sie um 1930 auf. In der Entschädigungsakte gibt Martin Friedmann nach dem Krieg an, dass seine Schwester schon damals darüber klagte, dass sie als Jüdin immer wieder angepöbelt werde. Gertrud arbeitete dann privat als Haushaltshilfe, Hugo Silberkleid kaufte ein Auto und betätigte sich fortan als Vertreter für Schneider-Artikel. Er litt jedoch nach 1933 stark unter dem zunehmenden Boykott jüdischer Geschäftsleute, bis er seine Arbeit als Vertreter schließlich aufgeben musste. Aus der Wohnung in der Warschauer Straße 8 zog das Ehepaar ca. im Herbst 1939 aus, da sie verstärkt von anderen Mietern bedrängt wurden, die Angehörige der NSDAP waren.
Zuletzt lebten sie in einem Zimmer zur Untermiete in der Kleinen Frankfurter Straße 12 in Mitte. Hugo und Gertrud Silberkleid wurden vom Bahnhof Grunewald am 14. November 1941 mit dem 5. Osttransport in das Ghetto Minsk deportiert, wo sie am 18. November ankamen. Hier verliert sich ihre Spur. Sie wurden zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.

Gertruds Schwester Martha wurde mit ihrem Ehemann Martin Hanff sowie den Kindern Antonie und Günther am 12. März 1943 mit dem 36. Osttransport von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet. Ihr Bruder Martin Friedmann war 1939 nach Großbritannien ausgewandert. Die Schwester Hedwig Friedmann war bereits 1896 in Breslau gestorben, das Schicksal von Sarophine Friedmann ist unbekannt.