Jona Kurzberg

Location 
Fraenkelufer 30
Historical name
Thielschufer 30
District
Kreuzberg
Stone was laid
31 August 2023
Born
24 October 1879 in Kolomea (Galizien) / Kolomyja
Interniert
22 September 1939 in Sachsenhausen
Deportation
on 28 March 1942 to Piaski
Murdered
in Trawniki

Jona Kurzberg kam am 24. Oktober 1879 in Kolomea in Galizien als Sohn des jüdischen Kaufmanns Hoschya Leib Kurzberg und dessen Ehefrau Rifka Memel, geb. Boltuch, zur Welt. Die Stadt Kolomea (Kolomyja), die heute im Westen der Ukraine liegt, gehörte bis 1918 zur Habsburgermonarchie. Seit dem 18. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt zu einem großen jüdischen Zentrum mit einem jüdischen Bevölkerungsanteil von 49,3 % um das Jahr 1900.

Jona hatte mindestens noch drei Geschwister: Abraham Israel (*1867), Sally Schmul (*1877) und David (*1883). Da die Eltern nur jüdisch rituell verheiratet waren, wurde der Familienname Kurzberg nicht überall anerkannt und die Geschwister trugen die Nachnamen „Boltuch“, „Boltuch false Kurzberg“ oder „Boltuch genannt Kurzberg“.

Jona Kurzberg erlernte den Beruf des Kaufmanns. Er und seine Brüder übersiedelten zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Berlin. Sie verdienten ihren Lebensunterhalt alle in der Bekleidungsbranche.

Jona Kurzberg heiratete am 22. Mai 1913 in Berlin die Buchhalterin Auguste Hennig, geb. am 12. Februar 1881 in Neumark (Westpreußen). Auch sie gehörte der jüdischen Religionsgemeinschaft an. Die Ehe blieb kinderlos.

Das Ehepaar Kurzberg eröffnete noch im selben Jahr in der Oranienstraße 160 eine Maßschneiderei für Damen und Herren. Diese betrieben sie als Ratenzahlungsgeschäft, sie boten aber auch Konfektion an. Die Wohnung schloss sich an die Geschäftsräume an. Im Betrieb und dem Geschäft wurden drei kaufmännische Angestellte, mehrere Zuschneider und Zwischenmeister sowie zahlreiche Schneider in Heimarbeit beschäftigt. Auguste Kurzberg war im Betrieb als Buchhalterin tätig. Das Geschäft florierte und ermöglichte dem Ehepaar einen gutbürgerlichen Lebensstandard. Sie betrieben zeitweise noch eine Filiale in der Chausseestraße 1 in Mitte. Außerdem war Jona Kurzberg an der Maßschneiderei seines Bruders David Boltuch beteiligt, die sich in der Potsdamer Straße 119 befand. Auch Jonas Neffe Rudolf Kurzberg, der Sohn seines Bruders Sally, arbeitete im Geschäft mit.

Das Ehepaar Kurzberg bezog um 1933 eine 4-Zimmer-Wohnung im Haus Kottbusser Ufer 56a (1937 umbenannt und umnummeriert in Thielschufer 30, heute Fraenkelufer 30).

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Kurzberg. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.

Sicherlich hatten auch die Firmen der Gebrüder Kurzberg unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden. Jonas Bruder Abraham Israel Boltuch und seine Frau Therese, geb. Labus, begingen bereits am 10. April 1933 in ihrer Wohnung in Berlin-Lichtenberg Selbstmord.

Jona Kurzbergs Geschäft in der Oranienstraße 160 wurde Ende der 1930er Jahre zwangsweise „arisiert“. Er selbst war am 22. September 1939 in Sachsenhausen inhaftiert, wurde aber wieder entlassen. Die Dauer und der Grund der Inhaftierung sind unbekannt.

Jona Kurzberg war zuletzt als Bügler bei der Damenschneiderei Wilhelm Jakubaschk in der Markgrafenstraße 19 zwangsverpflichtet. Die Wohnung im Haus Thielschufer 30 – benannt nach dem 1931 ums Leben gekommenen SA-Mann Hermann Thielsch – musste das Ehepaar Kurzberg aufgeben. Seit Mai 1941 wohnten sie zur Untermiete bei den jüdischen Schwestern Rosa und Johanna Kasper im Haus Kottbusser Damm 28.

Jona und Auguste Kurzberg wurden am 28. März 1942 mit dem 11. Osttransport nach Piaski deportiert. Der kleine Ort Piaski, 23 km südöstlich von Lublin gelegen, war nach der deutschen Besetzung Polens Teil des Generalgouvernements geworden. Im Schtetl in Piaski wurde Anfang 1940 ein Ghetto eingerichtet, in das u.a. mehrere tausend Juden aus dem Deutschen Reich deportiert wurden.

Die wenigen sanitären Anlagen des Ghettos waren in einem katastrophalen Zustand, die Grundversorgung mit Nahrung und Trinkwasser absolut unzureichend. Das Ghetto, bestehend aus kleinen, hauptsächlich eingeschossigen Holzhäusern, war nicht für so viele Personen ausgelegt. Zwischen 10 und 20 Menschen mussten sich in der Regel einen Wohnraum teilen. Auguste Kurzberg starb dort vermutlich an Hunger, Entkräftung oder Krankheit. Jona Kurzberg wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt im 10 km entfernten Trawniki ermordet, wahrscheinlich war er in das dortige Zwangsarbeiterlager verlegt worden.

 Jonas Bruder Sally Kurzberg und dessen Ehefrau Hulda, geb. Mucha, waren am 18. Oktober 1941 mit dem 1. Osttransport vom Bahnhof Grunewald in das Ghetto Lodz und von dort am 8. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof deportiert und ermordet worden. Ihre Söhne Norbert und Rudolf Kurzberg waren in den 1930er Jahren nach Palästina emigriert.

Der Bruder David Boltuch war bis 1940 zwei Jahre wegen angeblichen Devisenvergehens im Gefängnis Plötzensee inhaftiert. Nach der Entlassung wanderte er nach Shanghai aus. Er emigrierte 1949 nach Israel, wo er 1953 verstarb.